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Book-Review: Zeiten des Aufruhrs (dtv)

Richard Yates Kultroman aus dem Jahre 1961 zeigt uns ein schonungsloses Bild der Mittelschicht in der Nachkriegszeit – ehrlich brutal und brutal ehrlich.

zeiten_des_aufruhrs_cover (c) dtv / Zum Vergrößern auf das Bild klicken"Revolutionary Road", so der englische Originaltitel des Erstlingswerkes von Yeates, bringt keinen Aufruhr, und schon gar keine Revolution mit sich, sondern kratzt an der zart gemauerten Fassade der Mittelschicht. Und entführt den Leser in eine Welt voller Betrug, Selbstbetrug und Sturheit.


Das Ehepaar Frank und April Wheeler lebt den amerikanischen Traum, der aber für sie eher einen langweiligen Albtraum darstellt. Frank Wheeler, Möchtegern-Intellektueller, ist auf der Suche nach seiner großen Bestimmung, seinem Sinn des Lebens, ohne jedoch zu wissen, was dies sein könnte. Sein Job langweilt ihn zu Tode, das schmucke Eigenheim in der Vorstadt macht nur Arbeit, die Nachbarn sind langweilige, dumme Spießer, die Kinder nerven und die Ehefrau hat ihn noch nie richtig verstanden.
 

April Wheeler, unausgefüllte Hausfrau, träumt vom perfekten Leben mit dem perfekten Mann, wollte eigentlich niemals Kinder und pendelt in ihrer Stimmung zwischen „Ich liebe dich, wenn du lieb bist“ und „Ich werde alles für dich tun, damit du dich entfalten kannst“.


Die Wheelers leben in der Revolutionary Road am Revolutionary Hill, umgeben von Nachbarn, die die gleichen Schwierigkeiten haben. Denn kaum ein Paar, das einem begegnet, hat keine Probleme in der Ehe. Der Umgang miteinander ist unnatürlich inszeniert, jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt und doch kommt es immer wieder zu einem verbalen Schlachtfeld aufgrund von Missverständnissen, die sich im Nachhinein betrachtet durch bessere Kommunikation vermeiden hätten lassen können.


Der Plan, endlich nach Paris auszuwandern, um so den ehelichen Problemen zu entfliehen, scheitert allerdings, als April schwanger wird. Doch insgeheim hat Frank den Wunsch nach einem so unberechenbaren Einschnitt in sein Leben längst aufgegeben. Die Macht der Gewohnheit hält ihn fest und ist ihm doch unerträglich. Die Langeweile ist erstickend, aber bekannt und berechenbar. Eine Verbitterung macht sich breit, die den "Virus des Scheiterns", den die Ehe seit Anfang an in sich trug, zum Ausbruch bringt und unweigerlich auf eine Katastrophe zusteuern lässt.


Der Einzige, der sich traut, die Wahrheit auszusprechen und dem Ehepaar den Spiegel der Realität vors Gesicht zu halten ist John Givings; schizophrener Sohn der Maklerin, der am Ende in einer Irrenanstalt landet, da ihm keiner zuhören will.


Die Lektüre des Buchs führt den Leser durch die tiefen Täler einer aufgebauschten, geheuchelten Hochstimmung und der nach außen hin schmerzhaft erzwungenen Harmonie, quer durch die Abgründe einer Ehe voller Hass und Selbstzerstörung, Verzeihen und erneutes Zerreißen. Es zeigt das Bild von zwei Menschen, die sich als Opfer ihrer Zeit sehen und die letzten Endes, trotz jahrelanger Flucht in fragil aufgebaute Lebenslügen, Opfer ihrer selbst werden.


An so mancher Stelle kommt man als Leser nicht umhin, in einigen Figuren sich selbst zu erkennen, mit brutaler Ehrlichkeit wird aus dem Spiegel der 1950er Jahre ein Spiegel für einen selbst.


"Zeiten des Aufruhrs" ist nicht umsonst ein Kultroman, der damals so aktuell war wie er es heute ist. Yates zieht alle schriftstellerischen Register, die Geschichte zieht die Leser mit Ergriffenheit und Betroffenheit in ihren Bann und lässt sie bis zum Schluss nicht mehr los. Und eine Prise Selbsterkenntnis nimmt man an der einen oder anderen Stelle auch noch mit.



 # # # Lisa Huemer # # #
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