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Comic-Review: Kick-Ass 1 & 2 (Panini)

Ein schüchterner Nerd wird dank Youtube zum Held der Generation 2.0 und zieht mit der psychopathischen Version einer Superhelden-Kleinfamilie in die Schlacht gegen die italienische Mafia! Das ist "Kick-Ass", eine völlig abgedrehte Gewaltfantasie in Comic-Form mit Charme und Identifikationspotential, der schon jetzt Kultstatus genießt.

 
Cover Kick-Ass 1 (C) Panini / Zum Vergrößern auf das Bild klickenSuperhelden sind als fixer Bestandteil in der Populärkultur der Gegenwart nicht mehr wegzudenken. Schon weit über die klischeebehafteten Kreise der sogenannten Nerds hinaus ziehen maskierte Rächer ihre Kreise und fesseln mit ihren Abenteuern. Mir als geneigtem Comic-Fan sind in meiner Karriere als Leser schon einige Superhelden zwischen die Finger geraten. Es gibt sie in allen Formen und Farben, mit Kräften und manchmal auch ohne, mit guten Absichten oder Weltbeherrschungsphantasien.


"Kick-Ass" beginnt auf dem Dach eines New Yorker Gebäudes auf dem ein junger Mann in einem rot-goldenen Kostüm steht. Selbstbewusst springt er in die Tiefe und schlägt wenig später auf dem Dach eines Autos auf. Also doch kein Superheld, einfach nur ein Trittbrettfahrer des eigentlichen Helden namens Dave Lizewski, der seine eigene Geschichte in einer Art Rückblick Revue passieren lässt.


Dave lebt mit seinem alleinerziehenden Vater in New York und ist ein gewöhnlicher 16-jähriger Schüler mit durchschnittlichen Problemen. Er liest Comics, philosophiert mit Freunden über die Welt, konsumiert Internet-Pornos, liebt die Serie "Scrubs" und schwärmt im Geheimen für seine Mitschülerin Katie Deauxma. Doch eines unterscheidet ihn von seinen Mitschülern: Der Wunsch, eine gewisse Grenze zu überschreiten und das Schicksal herauszufordern.


"Warum wollen alle wie Paris Hilton sein, aber niemand wie Spider-Man?"
(Dave Lizewski)


Um seinen alltäglichen Problemen zu entkommen, flieht er regelmäßig in die gezeichneten Welten der Superhelden. Dave träumt davon, selbst ein Superheld zu sein und das Verbrechen zu bekämpfen. Als er auf Ebay einen grünen Neoprenanzug findet, beschließt er seinen Traum wahr werden zu lassen. Wochenlang läuft er in seinem lächerlichen Kostüm über Dächer, durch verlassene Straßen und trägt die Aufmachung sogar unter seiner Straßenkleidung. Als er zwei Jugendliche beim Sprayen erwischt, gibt es kein Zurück mehr. Als schmächtiger Nerd mit Allmachtsphantasien ist Dave jedoch keine Bedrohung. Schwer verletzt bleibt er am Parkplatz liegen.


Um seine Superheldenidentität zu beschützen, entledigt er sich mit letzter Kraft seiner Kostümierung. Als die Rettung eintrifft, liegt Dave fast nackt in seiner eigenen Blutlache. Vier Operationen, eine Metallplatte im Kopf und viele Wochen der Genesung später steht Dave wieder in seiner Schule. Die Tatsache nackt aufgefunden worden zu sein, bringt Dave in den Verdacht als männliche Prostituierte zu arbeiten, aber gleichzeitig auch in die Nähe von Katie, deren "bester schwuler Freund" er fortan ist.


"With no power comes no responsibility!"


Die Faszination seiner selbst erschaffenen Figur lässt Dave nicht in Ruhe. Er zieht wieder als grüner Möchtegern-Rächer durch die Strasse. Als er einem jungen Mann beschützt und eine Gruppe Puertoricaner verprügelt, wendet sich das Blatt. Nur wenige Stunden später ist Dave der Liebling der Medien – Kick-Ass ist geboren.


Cover Kick-Ass 2 (C) Panini / Zum Vergrößern auf das Bild klickenDer neue Star nutzt die Mittel der Welt 2.0 und richtet einen MySpace-Account ein. Anfragen hilfsbedürftiger Mitbürger lassen seinen Posteingang fast platzen. In purer Selbstüberschätzung tritt er Eddie, einem gewalttätigen Drogendealer und seiner Bande in seiner Wohnung gegenüber. Seine lächerliche Aufmachung ringt den bösen Buben jedoch nur ein Lächeln ab. Plötzlich springt ein junges Mädchen mit einem Katana bewaffnet und zu großem Heldenkostüm durch das Fenster. Zuckersüß und absolut tödlich zugleich, erledigt sie die ganze Bande ohne mit der Wimper zu zucken.


Sie stellt sich als Hit-Girl und ihren großen Begleiter als Big Daddy vor. Dave realisiert dass er es hier mit echten Superhelden zu tun hat. Doch der eigentliche Ärger beginnt erst, als diese ihn bitten ihnen gegen den mächtigen Mafiaboss John Genovese und seine Organisation behilflich zu sein. Und plötzlich taucht ein weiterer Superheld namens Red Mist auf der Bildfläche auf, der sich steigender Popularität erfreut. Kann sich Kick-Ass der Verantwortung entziehen? Wer ist dieser Red Mist? Und woher kennt ein 10-jähriges Mädchen derartige Schimpfwörter?


So nimmt die Geschichte Mark Millars um einen Nerd mit Mut zur Tat ihren blutigen Verlauf. Millar, seines Zeichens einer der meistgelobten Comic-Autoren der Gegenwart, hat es sich zum Ziel gesetzt eine authentische Superhelden-Geschichte zu erzählen, die leichte Anleihen an seiner eigenen Jugend nimmt. Nach "Swamp Thing" und "JLA" für DC sowie "The Authority" für Wildstorm verfasste er für Marvel "Ultimate X-Men" und "Civil War", auch "Wanted" trug zu seiner wachsenden Popularität bei. Sein neuestes Projekt jedoch erlangte innerhalb kürzester Zeit Kultstatus.


Obwohl die Idee nicht neu ist, da schon Frank Millers "Batman: Year One" oder die TV-Serie "Heroes" ähnliche Pfade beschritten haben, bringt Millar mit "Kick-Ass" einen extrem unterhaltsamen und beschwingten Blickwinkel in unsere von Populärkulturgütern überschwemmte Welt über den Drang, Großes zu bewirken. Vor allem die überragende Arbeit von Zeichners John Romita Jr., der die mit Gewaltakten überlaufende Phantasie Millars mit unglaublicher Intensität und cinematografischem Feingefühl auf das Papier bringt, macht diese Miniserie zu einem lesenswerten Comicgenuss.


Aber trotz aller Lobeshymnen könnte "Kick-Ass" bei manchen Lesern einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Millar bedient sich eventuell etwas zu eindimensional der typischen Klischees wie drogendealender Afroamerikaner, italienischer Mafiafamilien oder puertoricanischer Gangs. Etwas zu inkonsequent wird das portraitierte Abbild unserer Welt gezeigt und die teilweise schon extreme Gewalt bleibt für handelnde Personen ohne Konsequenzen. "Kick-Ass" ist ein trashiger, völlig überzeichneter Liebesbrief an Superhelden-Geschichten, der mit seinen verletzlichen Charakteren das Genre gehörig umkrempelt. Entweder man mag es oder eben nicht. Ich liebe es!



# # # Andreas Himmetzberger # # #





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