06.12.06, Stadthalle (Wien)
Standing in line to see the show tonight…
Die Red Hot Chili Peppers begeisterten im Dezember in der Wiener StadthalleWarum sich mit einem Album begnügen, wenn man genug Songs für ein zweites parat hat? Warum sich mit einem Konzertabend in der Wiener Stadthalle begnügen, wenn man diese locker zweimal ausverkaufen kann? Eben. Die Red Hot Chili Peppers sind zurzeit wohl die angesagte Rockband schlechthin. Mit ihrem aktuellen Doppelalbum "Stadium Arcadium" im Gepäck begeisterten die vier Kalifornier am 6. und 7. Dezember das wohl aus ganz Österreich und den Nachbarstaaten angereiste Publikum - 2 x 16.000 Besucher, wer’s genau wissen will.
Der Bandname ist Programm, die Band bot an beiden Tagen eine heiße, feurige Show, und auch wenn sie keine 20, ja auch keine 30 mehr sind, war von Ausgelaugtheit keine Spur. Anthony Kiedis, der wie auch die anderen mittlerweile den Drogen abgeschworen hat, hüpft, sprintet, tanzt fit wie ein Turnschuh über die Bühne und wechselt bravourös zwischen Gesang, Vokalakrobatik und Rapeinlagen. Und nein, ich will hier nicht in den Tenor vieler Musikjournalisten einstimmen und auf Kiedis’ falsch intoniertem Gesang rumhacken, denn zeigt mir mal einen Sänger, der eine solch energetische Show abliefert und jeden Ton punktgenau trifft.
Dennoch, die eigentlichen Stars bleiben auch für mich die Instrumentalisten der Peppers, die gleich mal im Intro voll loslegen, ehe Kiedis zu den Anfangsakkorden von "Can’t Stop" auf die Bühne hüpft. Wenn Chad Smith - am Tag 1 im schicken weißen, am Tag 2 im blauen Overall - beim Anfangsbeat zu "Dani California" oder bei seinem allabendlichen Solo in die Felle drischt, kann man ob der geballten Energie nur ehrfürchtig staunen. Wuchtet Flea dann noch einen seiner irren Bassläufe dazu, wie etwa bei "Parallel Universe", ist das Grooveperfektion pur. Der in gewohnter Weise mit nacktem Oberkörper, aber diesmal ohne weiße Feinrippunterhose, spielende Flea, ist meist auch derjenige, der so etwas wie Interaktion mit dem Publikum betreibt und auch mal mehr als ein "Thank You" raus lässt.
Bleibt noch einer übrig, John Frusciante, Ausnahmegitarrist, zweite Stimme und maßgeblicher Songwriter der Peppers. Spätestens seit seinem (drogenbedingten) Ausstieg bzw. Wiedereinstieg in die Band - er ist seit "Californication" wieder fix dabei – ist klar, was er für die Red Hot Chili Peppers bedeutet. Der Mann, der scheinbar immer zwischen den Extremen Langhaarmähne oder ultrakurzer Bürstenschnitt wechselt - im aktuellen Fall letzteres - ist wohl einer der wenigen Gitarristen, dem man den Vergleich mit einem anderen Ausnahmegitarristen, Jimi Hendrix, gestattet. Wie dieser Mann auf der Bühne mit seinem Instrument eins wird, ist unbeschreiblich. Und wie er es dann noch schafft, gleichzeitig die großartige zweite Gesangsstimme beizusteuern, verblüfft jedes Mal von neuem. Natürlich durfte auch ein von ihm vorgetragenes Solostück nicht fehlen, das übrigens an den beiden Abenden variierte. Wie auch so manch andere Stücke, was sehr erfreulich war.
Während am ersten Abend der wohl bekannteste aller Peppers-Songs "Under The Bridge" erklang, das unter begeisterten Mitsingchören der 16.000 Fans beinahe unterging, wurde dies tags darauf ausgespart, dafür gab es wiederum andere Leckerbissen wie etwa "21st Century" vom aktuellen Werk zu hören. Highlights beider Nächte waren u.a. die explosiven Performances von "Blood Sugar Sex Magik" aus dem gleichnamigen 91er Album und "By The Way" in dem Zugabenblöcken.
Was diese Band so einzigartig macht, ist die Kombination aus großartigem Songwriting und der perfekten Beherrschung ihrer Instrumente. Und hier kommt nichts aus der Konserve, jeder Ton, den wir live zu hören bekommen, wird auch live gespielt. Und auch wenn z.B. "Under The Bridge" vielleicht etwas routiniert runtergenudelt wirkte, gibt es zurzeit kaum eine andere Band, die nach so langem Bestehen noch mit so viel Begeisterung und Spielfreude bei der Sache ist, wie die Red Hot Chili Peppers. Man sieht sich 2007, Steigerung möglich? Ein Trippelalbum, 3 mal ausverkaufte Stadthalle? Na ja, wollen wir’s nicht übertreiben...
Text & Fotos: © Stephan Brueckler