Am ersten warmen Wochenende des Jahres fand das zweite Monster Bash Festival in der Columbiahalle in Berlin statt. Nachdem bereits letztes Jahr die Punkrock-Helden DESCENDENTS ihre einzige Deutschland-Show dort spielten, wurden dieses Jahr REFUSED als Headliner mit ins Boot geholt, die nach 14 Jahren nun endlich wieder live zu sehen sind. Damals spielten die Schweden noch in besetzten Häusern, Juzes oder als Support von Hardcore-Größen, deren Schatten sie längst eingeholt haben. 1998 war jedoch nicht nur das Jahr der Auflösung nach einer die Band zermürbenden USA-Tour, sondern auch das Jahr, in dem "The Shape Of Punk To Come" das Licht der Welt erblickte. Das Album, das die Szene mit der Mischung aus Hardcore, Punk und Elektronikmusik in den folgenden Jahren so prägen sollte wie kaum ein anderes. Daher verwunderte es auch kaum, dass bereits vor dem Konzert auf den Oberkörpern von zahllosen üblichen Verdächtigen der REFUSED Schriftzug prangte.
Bevor es jedoch so weit war gaben sich 18 andere Künstler, die von DRITTE WAHL über ANTI-FLAG und LAGWAGON über Songwriter wie CHUCK RAGAN und TOMMY GABEL den Mikrofonständer in die Hand. Bei letzteren war jedoch der C-Club so hoffnungslos überfüllt, dass sehr viele Besucher mit dem Biergarten vorlieb nehmen mussten. Dort gab es weniger Menschen und dafür vergane Burger. Alles in allem lieferten alle Bands eine durchweg solide Vorstellung ab. Lediglich bei HOT WATER MUSIC gab es zu Beginn einige Soundprobleme, die verhinderten, dass der Funke von der Band auf das Publikum richtig überspringen wollte. Wie bei Veranstaltungen dieser Größe üblich, fehlte jedoch ab und zu das Intime und Magische einer Clubshow.
Kurz nach 12 betraten dann endlich REFUSED die Bühne, die mit den hektischen Riffs von "Worms Of The Senses/Faculties Of The Skull" das zuvor minutenlangen elektronische Brumen durchbrechen. Bierbecher fliegen durch die Luft und die ersten 30 Reihen explodieren förmlich. In den nächsten 70 Minuten springt und tanzt Sänger Dennis Lyxzén, wie ein junger (oder auch alter) IGGY POP über die Bühne, reißt seine Faust in die Luft oder steigt auf die Monitorbox, wirft das Mikrofon in die Luft um es anschließend im Sprung wieder aufzufangen. Nebenbei wird ein Querschnitt aus den beiden Alben "Songs to Fan the Flames of Discontent" und "The Shape of Punk To Come", sowie "Everlasting" von der gleichnamigen EP geliefert, der jederzeit voll und ganz zu überzeugen weiß.
Dazwischen erklärt Herr Lyxzén, dass er nicht erwartet hätte, dass das deutsche Publikum nach so langer Zeit noch so "into it" wäre. Allerspätestens bei der ersten Zugabe "New Noise" dürfte er eines Besseren belehrt worden sein. Die Indie-Disko hat es nicht geschafft, dieses Lied kaputt zu machen, und gefühlte 100 Menschen werden gleichzeitig vom tanzenden Mob auf Händen Richtung Bühne getragen. Leider ist es anschließend auch schon fast vorbei. Zum Abschluss gibt es noch die Homage an Wagner "Tannhäuser/Derivè" zu hören und REFUSED schreien noch einmal "Boredom Won`t Get Me Tonight". Wo sie Recht haben, haben sie Recht.
Text: Tobias Wojtylak
Fotograf: Christian Bendel
