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CHIKINKI

04.02.2005, FLEX (WIEN)
Es ist nach zwölf Uhr Mitternacht, und das Innenleben des Wiener Flex ist eher spärlich besiedelt. Man steht herum und redet, versucht, stylisch auszusehen und/oder reichert den eigenen Kreislauf mit Alkohol an (Die Anreicherung mit anderen Dingen findet nicht im Innenraum statt und interessiert von daher und auch von vorneherein nicht). Dann, wie auf ein nicht wahrnehmbares Kommando, tröpfelt die vorhandene und stetig mehr werdende Menge zur Tanzfläche, welche jetzt der Platz vor der Bühne und somit Publikumsraum ist. Und plötzlich sind CHIKINKI da, einfach so, und mit klarer Stimme singt uns Rupert Browne aus den Tiefen seines Robinson-Bartes gleich etwas von „Scissors, Paper, Stone“, vor, unterstützt von treibenden Gitarrenriffs des Herren Ed East, welchem die braun/blonden Stirnfransen bis über die Nase hängen, dass man sich wundert, ob er denn sieht, was er tut. Doch, anscheinend schon, denn ab und zu funkeln zwei dunkle Augen durch den Vorhang. Flankiert werden sie von zwei Herren an den Keyboards, Boris Ecton und Trevor Wensley, und im Hintergrund trommelt uns Steve Bond etwas vor. Das alles passt sehr gut zusammen, und von dem Plätzchen, welches ich mir ausgesucht habe, klingt es auch sehr gut abgemischt aus den Boxen. „Hallo, wir sind Ch’knkk“ – So das Vorstellen in sehr charmantem Deutsch nach dem ersten oder zweiten Song und den Bandnamen gleich genuschelt, aber wenigstens wissen wir jetzt, wie man sie ausspricht und dass das erste „i“ am besten ganz verschluckt wird. Nachdem ich jetzt, im Gegensatz zu dem Abend im Flex, den Vorteil meines Haus-Internets genieße, schaue ich gleich nach, woher denn der Name kommt.
Aha, CHIKINKI Heights hieß das Haus, in dem die fünfköpfige Electrobeat(sic)-Band aus Bristol für lange Zeit dem Produzieren von tanzbarer, mitreißender Rock’n’Roll-Musik mit einem wohltuenden und erfrischenden Schuss Elektonik nachgegangen sind. Die Ansagen finden übrigens fast ausschließlich in bemühtem Deutsch statt und sind auch dementsprechend kurz gehalten. Man merkt ihnen die Konzentration an, wie sie versuchen, die Worte ja richtig auszusprechen. Überhaupt gehen sie sehr gewissenhaft ans Werk, da wird gerockt, gerollt, gewummert und gepiepst, herumgehüpft und im Publikum getanzt, dass es eine Freude ist. Habe ich schon erwähnt, dass ich eigentlich nur direkt vor der Bühne gestanden bin, weil ich meiner besten Freundin gefolgt bin, welche immer in der ersten Reihe stehen muss? Tja, das hat mir auch den ersten Lach-Moment des Abends eingebracht. Ich tanze da, nichts ahnend, mit zeitweise geschlossenen Augen vor mich hin, als mir plötzlich jemand von vorne an den Schultern einen leichten Stoß verpasst. Verblüfft denke ich, dass mich vielleicht ein Bekannter, den ich nicht bemerkt habe, erschrecken wollte, reiße die Augen auf und sehe gerade noch, wie der Sänger nach links weiterhüpft. Hui. Meine Freundin und ich schauen uns an und lachen. Übrigens ist die Menge hier eher locker gestreut, die typische Scheu davor, sich a) in die Nähe einer Bühne zu stellen, wenn eine Band spielt, welche nicht vergöttert wird und b) dort vielleicht auch noch zu Tanzen, sitzt wohl allen tief im Nacken. Aber so genau bekomme ich das nicht mit, schließlich ist die Energie, mit der die Briten ihrem Handwerk nachgehen, ansteckend, Leider, gerade, als auch der Hüter der Geräte mit der Aufschrift „Korg“ auftaut und herumwackelt und der Gitarrist sich doch noch zu einschlägigen Rock’n’Roll-Posen hinreißen lässt, klingt das letzte Lied aus und sie verschwinden auf Nimmerwiedersehen, eine ohrenzerreißende Rückkopplung hinterlassend, welche ein beschämter Techniker ein paar Sekunden später klammheimlich bändigt. Das heißt, nicht ganz auf Nimmerwiedersehen, Teile der Band wurden später noch in dem miesen Klanggewirr, welches die DJs nachher auf die Plattenteller schmeißen, in der Menge gesichtet.
Im Nachhinein betrachtet: Viele, viele Pluspunkte für alles, und ein paar wenige Minuspunkte dafür, dass es keinen Merchandise-Stand gab, wegen Erwerbes eines Tonträgers, um die eigene Behausung auch gleich in eine Electrobeat-Disco zu werwandeln…

Agnes Wieninger

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