Was wäre möglich, wenn man plötzlich über eine Macht gebieten würde, die niemandem sonst zur Verfügung steht?
Hunter Hawk ist der Inbegriff eines exzentrischen Wissenschaftlers und mit seinen Erfindungen ziemlich erfolglos. Dazu teilt er sich das geräumige Anwesen mit der Familie seiner Schwester, die sehnsüchtig darauf wartet, dass ihn eines seiner Experimente ins frühzeitige Grab bringt und sie endlich frei über sein üppiges Vermögen verfügen kann. Doch plötzlich ist alles anders, Hawk gelingt unerwartet ein Durchbruch bei den Forschungen: Er kann lebende Materie versteinern lassen. Es bietet sich an, die neue Entdeckung umgehend an der unliebsamen Verwandtschaft auszuprobieren.
Und tatsächlich, plötzlich bevölkern einige sehr plastische Statuen die Wohnräume von Hawk. Doch dies ist nur der Auftakt für eine ganze Reihe denkwürdiger Ereignisse, denn was in die eine Richtung zu funktionieren scheint, ist auch in die andere möglich. Mit einigen neugewonnenen Freunden macht sich Hunter zu einem nächtlichen Ausflug ins Metropolitan Museum auf, denn was gibt es Spannenderes als sich mit einigen Göttern der Antike ins pulsierende Nachtleben New Yorks zu stürzen?
Obwohl die Romanvorlage bereits einige Jahrzehnte alt ist, hat die Geschichte nichts von ihrer Faszination verloren und begeistert nun auch als Hörspiel mit einem Feuerwerk an fantastischen Ideen, dem man sich vom ersten Moment an nur schwer entziehen kann. Wie in den einleitenden Worten des Erzählers erwähnt scheint die Handlung keiner festgelegten Vorgabe zu folgen, dennoch gibt es immer wieder neue Dinge zu entdecken. Die Dialoge sprühen vor Einfallsreichtum und Wortwitz und all dies geschieht immer mit einem Augenzwinkern.
Tatsächlich gelingt es Balthasar von Weymarn, den besonderen Charme der Story von Thorne Smith einzufangen und dabei scheinbar ganz nebenbei zwei Themenkomplexe zu bearbeiten, die im Hörspiel leider allzu oft ins Peinliche abdriften – nämlich Erotik und Humor. Ein Gefühl, das sich hier zu keinem Zeitpunkt einstellt. Die besten Zutaten einer Komödie verbinden sich mit doppeldeutigen Wortkaskaden, erotischen Momenten und einer Menge unverbrauchter Ideen.
Einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass "Das Nachtleben der Götter" so erstaunlich gut als Hörspiel funktioniert, dürfte die musikalische Gestaltung sein. Lässige und unbeschwerte Jazzklänge fangen die unbeschwerte und manchmal mit einem Prickeln aufgeladene Atmosphäre gut ein und versetzen den Hörer ins New Yorker Nachtleben der 1930er Jahre. Die Soundeffekte halten sich angenehm im Hintergrund, schaffen es aber problemlos, die Ereignisse in der Villa von Hunter Hawk ebenso wiederzugeben wie jene mitten im Herzen der Stadt in ausdrucksstarke Bilder zu gießen.
Interplanar ist es gelungen zwei Dutzend Stimmen zu versammeln, denen man den Spaß am Text deutlich anhört. Konrad Bösherz trifft genau den richtigen Ton, den es bedarf, um eine derart vielschichtige Figur wie die des Erfinders Hunter Hawk für das Publikum glaubhaft in Szene zu setzen. An seiner Seite agieren viele weitere großartige Schauspieler und Synchronsprecher, die "Das Nachtleben der Götter" zu etwas Außergewöhnlichem machen, dazu zählen etwa Tanya Kahana, Derya Flechtner, Oliver Stritzel, Luisa Wietzorek und Erich Räuker. Eine mutige Produktion, von der ich mir in Zukunft noch viele weitere wünschen würde, denn hier gelingt es tatsächlich, dem Hörspiel neue Impulse zu geben.