Ein Gott mit irdischen Gelüsten, ein Trip zur Erde, Bankenkrieg statt Bandenkrieg und eine perfide Erpressung – der ganz normale Wahnsinn bei Axles Suche nach Shimere.

Bereits im
Auftaktband der (wie von Kult Comics gewohnt) mustergültig aufbereiteten Integral-Ausgabe des Klassikers "Le Vagabond des Limbes", in dem die ersten vier Originalalben aus den Jahren 1975-1978 enthalten waren, griff Christian Godard zahlreiche Aspekte aus, die uns trotz des fantastischen Korsetts der Serie mehr als bekannt vorkommen. Gehaltvolle Science-Fiction ist immer auch eine Beschäftigung mit gesellschaftlichen und politischen Aspekten der Gegenwart – und diesbezüglich hatten der Autor und Julio Ribera, sein Kreativpartner am Zeichenbrett, auch mit den weiteren Episoden der intergalaktischen Abenteuer einen ordentlichen Lauf.
In "Der allerhöchste Alchemist" (im Original "L`Alchimiste suprěme", 1979) begibt sich Axle Munshine nach Bussbbhyr, denn dort residiert jemand, der ihm bei der Suche nach Shimere helfen könnte… niemand Geringerer als der Schöpfer höchstpersönlich! Zumindest bezeichnet sich der übergewichtige ältere Herr, der ebenso wie die auf den Planeten strömenden Besucher allerlei irdischen Genüssen frönt, als Gott, dem jedoch über die Zeit die Motivation abhandengekommen ist. Das Ganze erweist sich als Fehlschlag für Axle, aber immerhin gibt sich die skeptische Musky im Verlauf der beißenden Religionssatire ihm gegenüber als Mädchen zu erkennen.
Beim nächsten Stopp wird es besonders spannend, allein schon aus comichistorischer Sicht: Die deutschsprachige Erstveröffentlichung von "Welche Realität, Papa?" ("Quelle réalité, papa?", 1980) des Volksverlags von 1984 stand zwischen 1987 und 2012 auf dem Index für jugendgefährdende Schriften, entsprechend steigen beim Lesen Neugier und Spannung, was dazu geführt haben könnte. So viel sei verraten: Dass Axle und Musky dank der von einer anschließend per Tod "pensionierten" Hellseherin überreichten Raupe mit besonderen Fähigkeiten im Hollywood des Jahres 1978 landen und sich dort die Fantasie der Traumfabrik mit dem genozidalen Wahn verschiedener Epochen der Menschheitsgeschichte unheilvoll vermischt, war damals eindeutig zu viel an künstlerischer Reflexion von Totalitarismen für die Damen und Herren der Behörde.
Auch die beiden weiteren Episoden aus dem Jahr 1981 enthalten allerlei Referenzen an unsere Realität, während Axle weiterhin seiner schönen Angebeteten hinterherträumt und ausgerechnet die aufmüpfige Musky als Stimme der Vernunft herhalten muss: "Der Krieg der Bonken" ("La Guerre des Bonkes") nimmt die Auswüchse des ungezügelten Kapitalismus ordentlich auf die Schaufel, während "Für drei Körnchen Ewigkeit" ("Pour trois graines d`éternité") das Treiben eines dämonischen Gegenbilds unseres Helden seine Begleiterin zu einem persönlichen Opfer veranlasst, das die Beziehung des ungleichen Gespanns künftig auf ebenso neue Bahnen lenken wird wie den Silberdelphin – und die Tochter des Eternautenfürsten wohl zu weiterhin kreativem Schimpfwortgebrauch anspornt.