X-Komplettisten müssen hier ohnehin zuschlagen, aber auch alle anderen kommen unterhaltungstechnisch auf ihre Kosten.

Bis Panini (damals noch unter dem Label Marvel Deutschland) 1997 hierzulande die Renaissance vorbildlich aufgemachter und redaktionell liebevoll betreuter Marvel-Übersetzungen einläutete, mussten Fans wahrlich darben, vor allem jene der Mutantenfamilie des "House of Ideas". Condor-Interpart, fast zwei Dekaden lang primärer Lizenznehmer des "House of Ideas" für den deutschsprachigen Raum, gestand der Gruppe X allenfalls ein paar Taschenbücher und den nicht mit allzu viel Erfolg gesegneten Versuch einer Heftserie (als Pendant zu "Die Spinne") zu, danach brachte Marvel UK in den Jahren 1994/95 eine nicht minder kurzlebige monatliche Reihe, die vor allem durch die mitunter krude Übersetzung ins Deutsche auffiel.
In dieser Hinsicht ist es also eine tolle Sache, dass der vorliegende Band die "Mutanten-Schlagseite" seiner unmittelbaren Vorgänger fortsetzt, sondern ebenso wie
Band 107 essenzielles Crossover-Material enthält. Davon gab es in den 1990ern ja aus Marvels Mutantenecke mehr als genug, noch dazu handelt es sich hier sogar um deutsche Erstveröffentlichungen! Panini startete einst mit "The Uncanny X-Men" 318 und "X-Men" (Vol. 2) 38, in diesem Band finden sich jeweils zwei Ausgaben beider Reihen aus den Monaten davor. Diese waren Teil des Events "Phalanx Covenant", wobei es sich bei dem abgedruckten Erzählstrang (von insgesamt drei) um den wohl zentralen handelt, der eine Art Prolog zur 1995 gestarteten Serie "Generation X" (siehe dazu
Band 79) darstellt.
Interessanterweise treten bekannte X-Men wie Gambit, Beast oder Storm zwar auf den Plan, aber nur als von den technoorganischen, roboterähnlichen Wesen namens Phalanx nachgeahmte Mutanten, auf die Sean Cassidy alias Banshee trifft. Gemeinsam mit solch unerwarteten Verbündeten wie Emma Frost und Sabretooth sowie der noch unerfahrenen Jubilee muss er nun alles daran setzen, mehreren jungen Mutanten zu helfen, die in größter Gefahr schweben. Obwohl es sich hier um einen Teamtitel handelt (wenngleich nicht mit dem Stammpersonal der beiden monatlichen X-Hauptserien), bekommt Banshee als Anführer des Haufens genug "screen time" (respektive "scream time", wenn wir an seine Kräfte denken).
Die Story selbst von Fabian Nicieza und Scott Lobdell bietet ebenso solide Marvel-Kost der 1990er wie das Artwork, das der stets zuverlässige Andy Kubert und der noch am Beginn seiner Karriere stehende Joe Madureira ("Battle Chasers",
"Darksiders") beisteuerten. Dieser Band markiert also nicht nur für X-Men-Sammler, sondern auch für jene, die das Werk von "Joe Mad" ihr Eigen nennen wollen, einen absoluten Pflichtkauf, wenngleich es dazu anzumerken gilt, dass dessen Stil hier noch ein gutes Stück vom später entwickelten und stark von Manga und Anime beeinflussten dynamischen Feuerwerk, das ihn zum Superstar machte, entfernt ist. Unbedingt erwähnt werden muss natürlich auch das noch ältere Material dieser Marvel-Geschichtsstunde, die den Band einläutet, nämlich "X-Men" 28 (Vol. 1) mit dem Debüt des noch schurkischen Banshee von Roy Thomas und Werner Roth.