Das Jahr 8162 ist ein hartes Pflaster, wie es Ende der 1980er nur Marvel UK ersinnen konnte.
Lange Zeit war der britische Ableger von Marvel nur für Reprints des von der anderen Seite des Atlantiks gelieferten Materials, doch schuf in den 1980ern vermehrt selbst neues Material für erfolgreiche Lizenzen wie "The Real Ghostbusters" oder "Transformers". Angespornt durch deren Erfolg setzte man den nächsten Schritt und schickte völlig eigene Kreationen ins Rennen um die Leserschaft, welche in jenen Tagen vor allem düstere Sci-Fi à la "2000 AD" goutierte. Mit "Dragon`s Claws" entstand so ein Titel, der daher nicht zufällig ebenfalls auf ein dystopisches Setting baute und vom eingespielten "Transformers"-Team aus Autor Simon Furman und Zeichner Geoff Senior geschaffen wurde.
Inspiriert von Szenarios, wie sie aus "Running Man" oder "Rollerball" bekannt sind, schildert die Serie Ereignisse im fernen Jahr 8162, in der sich eine von Klimakatastrophen gebeutelte Menschheit im allgemeinen Niedergang befindet. Die sozialen Spannungen zwischen der herrschenden Elite und den Massen verschärfen sich, Unruhen und Gesetzlosigkeit stehen an der Tagesordnung. Das sogenannte "Spiel", das die Bevölkerung lange Zeit im Stil römischer Gladiatorenkämpfe besänftigen und ablenken sollte, wird inzwischen nicht mehr ausgetragen, doch viele der Teams, die einst daran teilnahmen – so auch die gefährlichen Evil Dead – bestehen noch und treiben ihr Unwesen.
Um ihnen Einhalt zu gebieten, reaktiviert die Nationale Gewerkschaft der Spitzensportler im Ruhestand, kurz N.U.R.S.E, im Auftrag des Weltentwicklungsrats die Profis von Dragon`s Claws mitsamt ihrem Anführer Dragon, der sich eigentlich in ein friedliches Leben als Farmer zurückgezogen hatte. Zum Entsetzen seiner Frau lässt er sich aber auf das Wagnis ein und macht sich zusammen mit Mercy, Scavenger, Digit und Steel daran, der ausufernden Gewalt (nicht nur) von Evil Dead entgegenzutreten – und das mit durchaus drastischen Mitteln und nicht ahnend, dass sein Vorgesetzter Deller und dessen Chefs einer ganz eigenen Agenda folgen.
Der vorliegende Band enthält alle zehn Nummern der Serie, welcher aufgrund des für den britischen Markt unüblichen US-Heftformats kein langes Leben beschieden war – schade, denn die Story lässt nichts anbrennen und verpackt ihre gesellschaftskritischen Referenzen an die Realität, wie sie sich zum Zeitpunkt des Erscheinens 1988/89 darstellte, wesentlich besser als der
vorangegangene Hachette-Abstecher ins Portfolio von Marvel UK. Völlig losgelöst von jeglicher Rücksichtnahme auf bekannte Charaktere oder Kontinuität geht es hier vergleichsweise brutal zu, selbst der Frank Castle jener Tage hätte sich da etwas abschauen können. "Dragon`s Claws" ist sein Geld wert und enthält überdies einen Gastauftritt von Death`s Head, einer weiteren Kreation des britischen Marvel-Ablegers.