Kane und Lynch sind wieder auf Tour und erleben in Shanghai einen 48-stündigen Höllentrip, bei dem sogar Jack Bauer die Knie schlottern würden.
IO Interactive, das dänische Entwicklerstudio, das bereits für den ersten Teil verantwortlich war, wirft den Spieler ab der erste Sekunde in den brutalen Wahn, den das verrückte, aber absurd-charismatische Gauner-Duo Kane und Lynch umgibt. Beide sitzen nackt und übel zugerichtet in einem heruntergekommenen Lagerhaus. An Stühle gefesselt, werden sie von chinesischen Gangstern gefoltert! Es folgt ein gemeiner Sprung zurück in der Zeit und man befindet sich 48 Stunden vorher in der Wohnung von Lynch.
Der psychopathische Lynch hat sich in der Metropole Shanghai niedergelassen und führt ein beschauliches Leben. Seine chinesische Freundin Xiu gibt ihm mentalen Halt und die verordneten Tabletten scheinen auch zu helfen. Ein letzter gemeinsamer Coup soll die Altersvorsorge absichern und veranlasst Lynch dazu, seinen Söldner-Partner Kane, ebenfalls nach Shanghai zu kommen. Bevor der angeblich psychopathensichere Deal über die Bühne gehen kann, möchte Lynch die Gelegenheit nutzen und eine offene Rechnung begleichen. Dabei verirrt sich unglücklicherweise eine Kugel in den Körper der Freundin des Kleinganoven.
Eigentlich alles halb so schlimm, wenn die junge Frau nicht ausgerechnet die Tochter von Sing, einem mächtigen Unterweltboss, wäre. Was folgt ist eine bleihaltige Flucht durch heruntergekommene Viertel, Einkaufspassagen mit grellen Leuchtreklamen, schwindelerregende Hochhäuser und riesige Flughafenhallen. Der große Pluspunkt des Spiels ist die grafische Präsentation. Eine wackelige Handkamera folgt dem Duo und zeichnet alles im Stile der Youtube-Ästhetik auf. Das Setting und der Look erzeugen ein passendes Gesamtbild. Für besonders brutale Szenen haben sich die Entwickler einen cleveren Kniff einfallen lassen: Kopfschüße, nackte Körper usw. werden einfach grob verpixelt dargestellt. Weniger ist in diesem Falle definitiv mehr!
Nach ungefähr acht Stunden ist die Kampagne durchgespielt. Zurück bleibt ein durchwachsener Eindruck. "Kane & Lynch 2" ist eine Mischung aus genialer Optik, guten Ansätzen und vielen vergebenen Chancen. Zum einen übernimmt man in K&L2 vorwiegend die Kontrolle über Lynch, der im Vorgänger immer zu unberechenbaren Verhaltensmustern neigte. Kane läuft zwar unterstützend an der Seite von Lynch, bleibt jedoch zu brav. Außer dem gemeinsamen anheben von Toren, beschränkt sich die Interaktion zwischen den zwei Charakteren auf witzige Dialoge, die zudem häufig in der brachialen Action untergehen. Enttäuschend ist auch, dass die Hauptcharaktere doch etwas unzulänglich dargestellt werden. Man möchte mehr über die zwei unorthodoxen Antihelden erfahren. Zumindest ist die deutsche Synchronisation aber gut gelungen und gibt dem Duo charakterliche Tiefe.
Die Steuerung benötigt etwas Einarbeitungszeit, funktioniert aber genauso wie das Deckungssystem durchwegs solide. Die Architektur der Level selbst ist schön anzusehen, jedoch läuft man streng linear auf vorgegebenen Pfaden ohne Entscheidungsfreiheiten. Die minderbemittelte Gegnerintelligenz versucht teilweise taktisch vorzugehen, hat aber des Öfteren grobe Aussetzer. So kommt es immer wieder vor, dass man mit einem Gegner hinter der selben Kiste Schutz sucht, die KI den Spieler aber nicht registriert. Die hohe Treffergenauigkeit und die große Anzahl an Gegnern, erhöhen den Schwierigkeitsgrad in manchmal frustrierende Regionen. Positiv in Erinnerung bleibt der Soundtrack.
Auf der anderen Seite bietet der Multiplayer-Part einige frische Modi. In der Fragile-Alliance-Variante zieht man mit sieben Partnern los, raubt eine Bank aus und flieht vor den Cops. Dabei muss man ständig gegen eine schleichende Paranoia ankämpfen, denn die Räuberkollegen können sich jederzeit in Verräter verwandeln. Friendly Fire wird dabei explizit gefördert und erzeugt spannende und wendungsreiche Multiplayer-Matches. Bei der Undercover-Cop-Variante wird, wie der Name schon verrät, ein Spieler als Undercover Cop in die Riege der Räuber eingeschleust. Seine Aufgabe ist es, den Raub zu vereiteln. Das der Cop per Zufall ermittelt wird, steigert das Misstrauen gewaltig!
Fazit:
Das Spielwesen von "Kane & Lynch 2: Dog Days" ist so hässlich wie die Hauptcharaktere, gleichzeitig doch faszinierend und motivierend genug, um weiter zu spielen. Etwas mehr Abwechslung in der Kampagne und mehr Zeit für den Feinschliff der Spielmechaniken hätte K&L2 zu einer herausragenden Alternative unter den vielen Einheits-Shootern gemacht. Schafft man es, dem Spiel seine Unzulänglichkeiten zu verzeihen, bieten einzigartige Hauptcharaktere, ein cooler Look und interessante Mulitplayer-Modi gute Action-Unterhaltung!