Game-Review: Nier (Xbox 360, PS3; getestet für Xbox 360)

"Nier" wurde in Japan sogar mit zwei verschiedene Titeln für die beiden Next-Gen-Konsolen veröffentlicht: "Nier Gestalt" für Xbox 360 und "Nier Replicant" für Playstation 3, wobei sich minimale Unterschiede in der Story bemerkbar machten. In "Nier Replicant" ist es seine Schwester, deren Heilung Nier anstrebt, in "Nier Gestalt" – mit der europäischen Verkaufsversion vollständig ident – versucht er seine Tochter von einem pestähnlichen Fluch zu erlösen und die Geheimnisse der tristen Welt zu erkunden. Der Publisher begründeten die Entscheidung, hierzulande nur eine einzige Version zu veröffentlichen damit, dass sich die Gamer hier einfach besser mit einem älteren Nier (der Vaterfigur) identifizieren können. Wie auch immer – was besser gewesen wäre, werden europäische Konsolenbesitzer wohl nie herausfinden.


Niers Tochter Yonah befällt eine mysteriöse Krankheit, welche ihre Haut mit schwarzen Runen überzieht und sie immer schwächer und schwächer macht. Daddy macht sich also auf die Suche nach einem Heilmittel und dem Ursprung der Krankheit. Ausgerüstet mit einem Riesenschwert (sowie im Laufe des Spiels wahlweise auch anderen Waffen) und einigen effektiven Zaubersprüchen auf den Lippen, kämpft sich Nier in reinster Actionmanier durch Scharen abartiger Monstrositäten, denen aus "The Legend Of Zelda – Twilight Princess" nicht sehr unähnlich. Es soll noch nicht zu viel verraten werden aber Nier wird im Laufe des Spiels nicht immer der einsame Held bleiben, sondern von schön anzusehenden aber auch weniger hübschen Mitstreitern begleitet werden. Dafür sieht die Spielumgebung ziemlich karg aus; bei längerer Betrachtung des Spielablaufs wird aber klar, dass dies vom Entwickler womöglich sogar gewollt war. Weniger ist oft mehr! Denn die dichte – teilweise sehr, sehr traurige – Atmosphäre, verrät dem Spieler nicht sofort um was es denn da gerade wirklich geht, sondern er muss sehr viel selbst interpretieren – fast schon wie bei einem guten Buch!


Dafür entschädigen aber die umso besser in Szene gesetzten und hervorragend synchronisierten Zwischensequenzen auf typischen Square Enix-Niveau (siehe diverse "Final Fantasy" Titel). Im Spiel selbst wird bei den Dialogen mit anderen Bewohnern aber auf Sprachausgabe verzichtet: Der ungeduldige Zocker wird sich freuen! Dafür lohnt es sich, die Ohren aufzusperren und den Gesprächen zwischen dem Helden Nier und seinem Kumpel, dem sprechenden Buch "Grimoire Weiss" zu lauschen: Nicht selten muss man den Controller wegen einem Lachanfall weglegen, so gut sind die Dialoge der Beiden. Gar nicht typisch für "Final Fantasy" und Square Enix ist aber das verspritzte Blut und Gedärm in "Nier" – der Gewaltgrad erinnert in den vielen Bosskämpfen sehr an "Bayonetta" – nicht nur wegen den spektakulären Finishing Moves. Hat man es nicht so eilig, kann man auch in zahlreichen Quests (Wildschwein-/Monsterjagd, Angeln, Lieferantenjobs und so weiter) die Zeit vertrödeln. Teilweise erinnert "Nier" auch stark an "Darksiders", "The Legend Of Zelda", aber auch Capcom blitzt ab und zu mal mit "Devil May Cry" und "Monster Hunter" durch. Es ist ein faszinierendes Spiel geworden – etwas anders als gewohnt, aber deswegen ja nicht unbedingt schlecht! Im Gegenteil: Der minimalistische Ansatz im Design offenbart dafür im Gesamtkunstwerk seine Stärken.

Fazit: Ein Titel, der seine Pracht erst nach einigen Stunden völlig entfaltet – bis dorthin werden sich einige "New School"-Gamer sicher vor den Kopf gestoßen fühlen und den Spieledisc mit einem leichter "zugänglichen" Titel tauschen. "Nier" ist so eine Art Spiel, das jetzt kaum Beachtung findet und dasselbe Schicksal mit dem großartigen "Shadow Of The Colossus" und "Psychonauts teilt und in mindestens fünf Jahren als Geheimtipp behandelt wird. Also: Warum warten? No Pain, No Gain!





Grafik: 6,5/10
Sound: 8/10
Steuerung: 7,5/10
Spielspaß: 8/10
Gesamt: 7,5


Entwickler: Cavia
Publisher: Square Enix