London im Jahr 1888: das Elendsviertel Whitechapel, bekannt für beißende Rauchschwaden, stinkende Abwasserkanäle und dichten Nebel. Dieser stinkende Moloch ist die Zufluchtsstätte der Mittellosen.
Eine hohe Arbeitslosenrate zwingt viele Frauen in die Prostitution. Die Männer versuchen entweder mit Alkohol ihre Probleme zu vergessen oder mittels kleinkrimineller Geistesblitze über die Runden zu kommen. In "Sherlock Holmes jagt Jack the Ripper" versucht man als der fiktive Detektiv Sherlock Holmes, gemeinsam mit seinem Sidekick Dr. Watson, den Taten des legendären "Jack the Ripper" einen Strich durch die Rechnung zu machen, dessen wahre Identität bis heute ungeklärt ist.
In letzter Zeit finden immer mehr Point&Click-Adventures ihren Weg auf die heimischen Konsolen. Um eine gut funktionierende Benutzersteuerung, die mit den Vorzügen der PC-Varianten mithalten kann, sind die Entwickler gefordert. Bei der Portierung des aktuellsten Kriminalabenteuers des kauzigen Detektiv-Duos ist das Frogwares gut gelungen. So ist zum Beispiel bei gedrückter "LT"-Taste jeder interaktive Gegenstand der aktuellen Szene sichtbar. Die Spielwelt ist, wie auch schon in den Vorgängern, komplett in 3D gestaltet und die zwei Schnüffelnasen können relativ frei darin bewegt werden. Man kann zwischen zwei verschiedenen Kameraperspektiven wählen: einerseits steht einem die klassische Adventure-Sicht in Form von fix montierten Kameras in den einzelnen Szenen, andererseits die Ego-Perspektive zur Verfügung. Wobei sich Zweitere etwas besser zum Spielen eignet, da die fix montierten Kameras in den Szenen verschiedene Blickwinkel einnehmen und man sich so immer wieder neu orientieren muss.
Die optische Aufmachung ist im Vergleich zur PC-Version leider schwächer ausgefallen. Vor allem die matschigen Texturen sind nicht schön anzusehen und die meisten Polygonmodelle sind sehr einfach gehalten. Die Figuren bewegen sich, wohl selbst schon in Totenstarre versetzt, sehr hölzern durch die dunklen Gassen von Whitechapel. Überhaupt scheint es als seien die meisten Bewohner Whitechapels schon ausgewandert. Die wenigen NPCs tragen nur wenig zum Ambiente bei, laufen immer wieder die selben Pfade ab und bieten wenig Gesprächsstoff. Bei den häufigen Gesprächen fallen außerdem die Gesichtsanimationen negativ auf.
Das eigentliche Grundgerüst, neben den üblichen Rätseleinlagen, ist die forensische Herangehensweise der beiden Gentlemen. Dabei werden Hinweise an den Orten des Verbrechens gesucht und mit Zeugen Befragungen durchgeführt, um genügend aufschlussreiche Hinweise zusammenzutragen.
Sherlock Holmes und Dr. Watson suchen dazu den Ort des Verbrechens meist zu bereits später Stunde auf, wirken dabei selbst wie Kriminelle, um die sich niemand zu kümmern scheint. Die Entwickler ersparen es dem Spieler, die stark verstümmelten Opfer direkt zu untersuchen. Stattdessen wird die Kreidezeichnung des Opfers und somit das Opfer selbst in stilisierter Form (im wahrsten Sinne des Wortes) unter die Lupe genommen. Als Dr. Watson nimmt man dabei sogar selbst die Rolle der ermordeten Prostituierten ein um den Tathergang zu veranschaulichen und neue Anhaltspunkte zu liefern. Anschließend geht es wieder zurück ins gemütliche Heim um mittels kombinatorischer Fähigkeit an schlüssige Fakten zu kommen. Dabei bedienen sich die beiden einer Korkwand, auf der die Hinweise in Form von kleinen Zetteln angebracht sind. Diese sind thematisch gruppiert und ergeben eine Argumentationskette, die immer wieder neue Fragen aufwirft. So greift man als Spieler ein und liefert, insofern man gut mitgedacht hat, die gesuchten Antworten. Auf der "Zeitleiste" werden für die einzelnen Anhaltspunkte chronologisch aufgetragen, um so die genaue Zeit des Verbrechens feststellen zu können. Am Ende des Fadens stehen eine Menge an neuen Schlussfolgerungen, die den Verdacht Sherlock Holmes` erhärten und zur Aufdeckung des wohl spektakulärsten Kriminalfalls des 19. Jahrhunderts führt.
Fazit: Das neueste Abenteuer in der Welt des Sherlock Holmes hinterlässt mich mit gemischten Gefühlen. Die anfängliche Euphorie als einer der größten fiktiven Verbrechensbekämpfer auf den echten Serienmörder "Jack the Ripper" zu treffen verblasst schnell, sobald man die Schnüffelnase in den unschönen Pixelhaufen steckt. Die technische Seite des Spiels ist einfach zu veraltet und eine Menge an wichtiger Atmosphäre wurde hier verschenkt. Doch die gut vertonten und witzigen Sticheleien zwischen Watson und Holmes können unterhalten und nicht zuletzt brachte mich meine Neugierde immer an den Tatort zurück, um vielleicht doch die mysteriöse Identität des "Jack the Ripper" zu enttarnen. Übrig bleibt ein unterhaltsamer, interaktiver Kriminalfall, der wohl nur bekennende Krimi-Fans gut unterhalten wird.
# # # Andreas Himmetzberger # # #
Grafik: 6,0/10
Sound: 7,5/10
Steuerung: 8/10
Spielspaß: 7/10
Gesamt: 7/10
Entwickler: Frogwares
Publisher: Focus Home Interactive/The Adventure Company