Seit vielen Jahren steht das Haus der Familie Harris bereits leer. Die Vergangenheit ist getränkt mit dem Blut derjenigen, die in seinen Mauern ein grausames Ende fanden.
Eine jugendliche Mutprobe verschlägt den jungen Howard gemeinsam mit seinem Freund David in den Keller des verruchten Hauses der Familie Harris. Im Keller des verfallenen Gebäudes, das seit vielen Jahren sich selbst überlassen ist, kommt es zu einigen höchst verstörenden Ereignissen. Vollkommen verängstigt verlassen die Freunde fluchtartig das Anwesen. Dieses übt trotz seiner eigenen Erfahrungen in der Vergangenheit auch als junger Mann noch eine enorme Faszination auf Howard aus – eine Vorliebe, die er mit seinem betagten Onkel Elihu Whipple teilt.
Die beiden beginnen Nachforschungen über die Familie Harris und die vielen rätselhaften Todesfälle, die sich im Laufe der Jahrzehnte in den Mauern des Gemäuers ereignet haben, anzustellen. Immer tiefer tauchen sie in die düstere Geschichte des Hauses ab und fördern zusehends abstoßendere und zutiefst beunruhigende Details zutage. Wiederholt gibt es Hinweise auf Hexerei und düstere Rituale im Zusammenhang mit jenen, die vor der Familie Harris das Land bewohnten. Nach eingehender Studie der Quellen besteht kaum noch ein Zweifel, dass der Ursprung all des Bösen tief im Keller verborgen sein muss. Howard und sein Onkel beschließen, das finstere Geheimnis zu lüften und ahnen nicht, in welcher Gefahr sie sich befinden.
Kaum einem anderen Autor dürfte im Laufe der Jahre die große Ehre zuteilgeworden sein, derartig oft im "Gruselkabinett" berücksichtigt worden zu sein. Tatsächlich bewegt man sich bei den Geschichten von Howard Phillips Lovecraft bereits im zweistelligen Bereich, was jedoch bei genauer Betrachtung kaum verwundert dürfte. Die Storys des amerikanischen Autors versprühen nämlich einen morbiden Charme und feiern auf eine finstere Art das Groteske und Absurde, sodass sie einfach in einer Reihe, die sich dem breiten Repertoire des Grusels verpflichtet fühlt, aufgenommen werden müssen.
"Das gemiedene Haus" steht als Paradebeispiel dafür, wie Lovecraft aus einfachen erzählerischen Mitteln eine Handlung zu erschaffen verstand, die Leser und Hörer gleichermaßen erschauern lässt. Je tiefer der Plot sich in die Geschichte des Hauses hinabwagt, umso mehr nehmen Spannung und Beunruhigung zu. Andeutungen und wenige Sätze über die ehemaligen Bewohner künden von Unglück, voranschreitendem Wahnsinn und etwas unfassbar Bösem, verborgen im Erdreich unter den Mauern des Anwesens. Geistiger Verfall geht einher mit wachsender physischer Versehrtheit der Familie und der Bediensteten. Man kann sich den Beschreibungen der verstörenden Ereignisse kaum entziehen und wird von dem Rätsel gefangen, was sich in dem Haus verbirgt.
Diese Frage avanciert zum Kern des Plots und es gelingt nahezu spielerisch, so die Spannungskurve bis zum Finale aufrechtzuerhalten. Was Lovecraft bereits auf dem Papier gelang und ihn zu einem der Großmeister dieses Genres machte, greift Marc Gruppe auf und erweckt es in einem neuen Medium auf beeindruckende Art zum Leben. Wortfetzen, Stöhnen, Flüstern und Wispern ergänzen an den richtigen Stellen die Handlung und sorgen für eine ordentliche Portion Gänsehaut. Der Verlust des Verstands wird hier hörbar, zugleich nutzt man akustische Mittel, um die Verdorbenheit und das zutiefst Kranke des Hauses für unsere Ohren erfahrbar zu machen. Nur wenigen Hörspielen gelingt es, das Publikum gleichzeitig zu faszinieren und abzustoßen.
Dazu kreiert Titania Medien einen Soundtrack, der sich auf homogene Art mit den Soundeffekten und dem gesprochenen Wort zu einer düsteren Melange verquickt. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen, sondern jedes Detail der Geschichte sorgsam ausgewählt und platziert. Trotz allem ist es die Leistung der Akteure, die ein Hörspiel letztendlich zu etwas Besonderem machen, und dies kann man im vorliegenden Fall getrost so stehen lassen. Bene Gutjan als Howard und Jürgen Thormann als sein Onkel Elihu sind ein Fest für die Ohren. Überzeugende Dialoge treffen auf Sprecher, die alle Facetten an Emotionen mit großer Leichtigkeit zu den Hörern tragen. Dazu kommen viele weitere tolle Sprecher wie Ingeborg Kallweit, David Nathan, Herma Koehn, Peter Weis oder Patrick Bach, die selbst bis zur kleinsten Nebenrolle für Qualität bürgen. Ein absolutes Hörereignis, das jeder, dessen Herz für Horror und Grusel brennt, unbedingt hören sollte.