
Aufgrund der Dominanz von europäischen, amerikanischen und japanischen Comics wird oft vernachlässigt, dass es andernorts ebenfalls eine lebendige künstlerische Szene gibt. Die reichhaltigen Schätze zu heben, welche die Philippinen bieten, haben sich Josua "Josch" Dantes und sein Team auf die Fahnen geheftet. Nach der auch für Netflix umgesetzten Mysteryserie "Trese" und exquisiten Titeln wie "Alandal" oder "Strange Natives" findet nun mit "Josefina" ein weiterer spannender Titel Eingang ins Portfolio des Verlags, der ein dunkles Kapitel in der Geschichte des Landes aufgreift: Die Philippinen standen von 1942 bis 1945 unter japanischer Besatzung, eine Zeit der Unterdrückung durch die Truppen des Kaisers, welche die Bevölkerung ebenso ausbeuteten wie die für die Kriegsindustrie dringend benötigten Rohstoffe.
Gegen Zwangsarbeit, die Verschleppung von Frauen in Bordelle, Vergewaltigungen und willkürliche Morde formierte sich schnell eine Widerstandsbewegung, die dafür sorgte, dass ein großer Teil der hauptsächlich von Wäldern und Gebirge geprägten Inseln nie unter vollständige Kontrolle der Japaner geriet. Dass mit dem Kampf gegen die Okkupanten aber ein hoher Preis sowohl für die Guerilla als auch Zivilisten verbunden war, nimmt in "Josefina" eine zentrale Rolle ein. Unter Mithilfe von Teilnehmer:innen eines 2020 veranstalteten Workshops für grafische Literatur entstanden, erzählt Jugendbuchautor Russell L. Molina darin von einem besonderen Akt der Menschlichkeit inmitten der Hölle des Krieges.
Ausgerechnet eine weibliche Schreckgestalt aus der philippinischen Mythologie nimmt ein wehrloses Baby, dessen Mutter soeben beim brutalen Angriff der japanischen Soldateska auf ein Dort getötet wurde, in seine Obhut. Doch vermag ein Monster, das einen Menschen in wenigen Sekunden in Stücke reißt, die wärmende Liebe einer Mutter zu ersetzen? Oder ist die Zuneigung eines Geschöpfs der Nacht das Menschlichste, das einem unschuldigen Kind inmitten von Tod und Leid widerfahren kann? Alles Fragen, die hier im Verbund mit der im wahrsten des Wortes ungeheuer ausdrucksstarken Arbeit von Zeichner Ace C. Enriquez gestellt und dabei die Grautöne moralischen Verhaltens als anregender Kontrast durch Schwarzweiß-Artworks abgebildet werden.