2:30 Uhr morgens: Treffen der Kolonne um nach Belgien zum wundervollen Groezrock Festival aufzubrechen. Für mich ist es das erste Mal und meine Erwartungen sind gewaltig hoch, da immer alle erzählen, wie toll das Groezrock sein soll. Nach unendlich vielen Pinkelstopps und Pausen haben wir doch nur lächerliche neun Stunden gebraucht...
Das erste Ziel in Belgien ist der Aldi und der dortige Karlsquell-Vorrat, welcher auch direkt nach Erscheinen unserer 25-köpfigen Meute leer ist und eine weitere Europalette aus dem Lager gezerrt werden muss. Nachdem alle glücklich vom Aldishoppen zurück im Wagen sind, geht’s dann auch mal zum Festivalgelände, echt super Wetter: Regen, kalt und Matsch soweit das Auge reicht. Aber das sollte noch nicht das Nervigste bei unserer Ankunft sein...
Denn es gibt nur einen Eingang, durch den alle Festivalbesucher müssen, um zuerst überhaupt weiter zu können, um dann wiederum an einer anderen Schlange ihr Camping-Band zu bekommen, nur um dann gute 20 Meter weiter direkt in die nächste Schlange zu gelangen und dort alle Sachen durchsuchen zu lassen. Das zehrt gewaltig an den Nerven, vor allem wenn man im Regen steht. Aber irgendwann haben wir es alle geschafft und wir halten Ausschau nach dem perfekten Campingplatz für 25 Leute – ein Widerspruch in sich. Ich wollte eigentlich ein entspanntes Wochenende und finde mich hier in der Police Acadamy wieder, aber wir haben es dann doch irgendwie geschafft wenigstens im Umkreis von 20 Metern zusammen zu bleiben. Man muss es halt mit Humor sehen und erstmal ein kühles Karlsquell öffnen...
Nach der Zeltmisere lässt der Regen etwas nach und wir schlendern aufs Gelände, wo bereits die ersten Bands spielen. Heute ist nicht viel dabei, was mich interessiert also habe ich haufenweise Zeit zum Chillen. Später zocken dann CATCH 22, die mich - wie erwartet - total umhauen! Gute Liveband, die einen Klassiker nach dem anderen zum Besten gibt. Ein schöner Einstieg ins Groezrock. Eine Band, die ich unbedingt erwähnen muss, ist P.O.BOX. Absolut super die Jungs: Ska-Punk vom Feinsten und die Stimme erinnert sogar ein bisschen an den STIKE ANYHWHERE-Sänger. Wahnsinn, was die Jungs auf der Bühne veranstalten und das Publikum hat es ihnen mit reichlich Stagedives und Circle-Pits gedankt.
Was ich leider an dem Festival bemängeln muss, ist der miserable Sound. Ich meine gut, Zeltbühnen haben immer Probleme mit der Akustik, aber es war eigentlich nur im kleinen Zelt wirklich guter Sound. Der Sound auf den anderen beiden Bühnen war sehr schwammig und man hat teilweise nur mit Mühe einzelne Songs erkennen können. Aber auch große Pluspunkte bekommen die Belgier für (fast) immer saubere Dixies und einen über Nacht völlig sauber gesaugten Festivalrasen, auf dem am nächsten Morgen kein Becher und keine Kippe mehr zu finden sind. Das gefällt und sollte auf jedem Festival so sein.
Zu späterer Stunde spielen die bei den Girls so beliebten BRING ME THE HORIZON auf und ich war gespannt, wie Oliver Skyes und Konsorten sich auf großer Bühne geben würden. Es kommt nicht oft vor, dass die Mädels am Zaun lauter sind als die Band, aber im Bühnengraben war es nicht auszuhalten. Hysterisches Kreischen und sogar ein paar Schwächeanfälle gab es in den zehn Minuten, die ich vor der Bühne war. Aber bei aller Kritik an der Band muss gesagt werden, dass die Mucke einem live derbst aufs Maul gibt. Mir gefällt, was Herr Skyes da so treibt, nur der Sound kann leider nicht alles wiedergeben, was dort so gespielt wird. Für den Abend war es das dann auch für mich und ich ziehe mich zum Zeltplatz zurück.
Neuer Tag, neues Glück und die Sonne erstrahlt am Meerhouter Himmel wie im Hochsommer. Um zehn Uhr eröffnen die Jungs von TACKLEBERRY den Tag und legen ordentlich was vor. Jan, der Sänger der Band, ist für die Uhrzeit schon ganz schön aktiv und die Songs kommen gut an. Heute wird viel zwischen den Bühnen geswitched und es geht direkt mit OUTBREAK weiter. In einem Club hätten die Jungs glaube ich mehr Chancen neue Fans zu gewinnen, das war nicht so dolle. Dafür hauen BANE einen Hit nach dem anderen aus dem Hut und das erste Mal wird in den vorderen Reihen ordentlich gemosht. MISERY SIGNALS hab ich irgendwie verpasst und könnte mich heute noch dafür in den Arsch treten,
aber was soll’s.
Kommen wir nun zu meinem Highlight des Festivals: THE UNSEEN betreten die Bühne und Frontmann Mark gibt dermaßen Gas, dass man gar nicht weiß, ob man sich gerade Freudentränen wegwischt oder ob es doch der Schweiß des Sängers ist, der diverse Male in den ersten Reihen verschwindet. Alle Songs sind totale Kracher und die 35 Minuten sind so schnell vorbei, dass man sich danach fragt, was denn das gerade war. Der Hammer und mein absoluter Favorit des ganzen Festivals!
Ich hab mir dann noch TRUE COLORS, THE VANDALS, MAD SIN, NO FUN AT ALL und DEATH BEFORE DISHONOR angetan und muss sagen, dass sie alle gute Arbeit geleistet haben. Um 20:30 Uhr ist es dann soweit, die Jungs aus Winnipeg, auf die hier jetzt ein ganzes, prall gefülltes Zelt wartet. Niemand geringerer als COMEBACK KID sind an der Reihe. Legen auch gut los und ackern ihr Programm ab. Alles cool, bis sie nach 40 Minuten mit "Wake The Dead" abschließen und nicht wieder die Bühne betreten. Angesetzt war eine Stunde und die Jungs haben einfach mal 20 Minuten gestrichen. Keiner konnte es recht glauben, dass es das nun gewesen sein soll, aber die Bühne wird bereits umgebaut.
Mit etwas enttäuschter Miene von der Nummer gehen wir zu den GET UP KIDS und setzen uns in den Rasen, bis es wieder anfängt zu regnen. Wir gucken noch kurz RISE AGAINST, aber da mich die letzten beiden Alben nicht wirklich vom Hocker gerissen haben, gehen wir doch noch mal zum Zelt... Regenklamotten anziehen. Wasserfest eingekleidet wieder auf dem Gelände angekommen genießen wir die Show der Legenden NOFX. Das hebt die Stimmung noch mal richtig an, sie beginnen mit "Linoleum" und hauen gleich noch "We’re The Brews" hinterher. Viele alte Klassiker mit recht vielen Albernheiten auf der Bühne, bei denen UNDEROATH wieder mal ihr Fett wegkriegen. Genau wie die an den Mittelsäulen hängenden Verrückten, die sich in luftige Höhen bis zum Lichtträger getraut haben, um einen besseren Blick zu haben. Lächerlich, da man von überall gute Sicht hatte. Und obendrein unverantwortlich von den Veranstaltern! Ich will gar nicht drüber nachdenken, was da alles hätte passieren können. In Deutschland wären die cleveren Jungs wahrscheinlich direkt in U-Haft gewandert oder wegen eines Terroranschlages festgenommen worden. Das Resümee des Festivals fällt positiv aus und ich kann es nur weiterempfehlen, wenn es jetzt nicht auch jedes Jahr teurer wird und die Kapazitäten immer erweitert werden.