Der Hulk hatte es in seinen Anfängen nicht gerade leicht – was das Unverständnis der Menschen betrifft, aber auch die Lesergunst.
Während Ant-Man zuvor und
Spider-Man sowie
Thor danach in den verschiedenen Anthologietiteln von Timely/Marvel debütierten, erfolgte der erste Auftritt des Hulk ebenso wie jener der Fantastic Four in der Nummer eins einer eigenen, neuen Serie. Im Gegensatz zu "Marvel`s First Family" reichte der Atem von "The Incredible Hulk" allerdings gerade einmal für sechs Hefte. Womöglich war das Publikum einfach noch nicht bereit für diesen Antihelden, der ebenso wie Ben Grimm mit sich haderte, den Menschen gegenüber aber einen spürbar feindseligeren Ton an den Tag legte.
So kommt der vorliegenden Ausgabe, die "The Incredible Hulk" 1-6 enthält, der Charakter einer Art von frühem Komplettpaket zu, bevor es für Bruce Banner und sein Alter Ego in anderer Form weiterging. Typisch für das sich entwickelnde Marvel-Universum der frühen 1960er kommen auch seine Gegner hauptsächlich aus dem Weltall und dem Erdinneren oder sind Kommunisten, was für den Zeitpunkt des Erscheinens am Höhepunkt des Kalten Krieges keine Überraschung darstellt. Von den Gegnern, sofern es sich nicht um General Thaddeus "Thunderbolt" Ross und die Army handelt, sind eigentlich nur der auch später hie und da auftretende Ringmaster und der Metal Master – eine Art Vorläufer von Magneto – erwähnenswert.
Sehr interessant ist, dass die Charakteristika des frühen Hulk ganz und gar nicht festgelegt und eher lose mit dem zu tun haben, was wir heute mit der Figur verbinden. Als bekanntestes Merkmal lässt sich die anfangs graue Hautfarbe ausmachen, die aus drucktechnischen Gründen nach der Auftaktnummer zum bekannten Grün wechselte. Bruce Banner nahm zunächst nur bei Einbruch der Dunkelheit seine monströse Erscheinung an, um bei Sonnenaufgang wieder zum Menschen zu werden – auch das wurde rasch geändert, wohl aufgrund der damit einhergehenden Einschränkungen für die Erzählweise, ab dann machte eine Maschine die Verwandlung per Gammastrahlung möglich.
Nicht nur dieses Experimentieren mit den Fähigkeiten des Hulk, zu denen übrigens das Springen anfangs ebenfalls nicht zählte, tragen zum Unterhaltungswert der vom Duo Lee/Kirby (mit Ausnahme von Steve Ditko als Zeichner der Finalnummer) gestalteten Storys bei. Für Gamma-Historiker lohnt sich übrigens ein genauer Blick, um zu erahnen, wo sich Greg Pak eventuell die Idee, den Hulk im Weltraum zu "entsorgen", und selbst das Gladiatorenkostüm, wie es in
"Planet Hulk" Verwendung fand, abgeschaut haben könnte. Nur zwei redaktionelle Schnitzer trüben den rundum positiven Gesamteindruck minimal, nämlich die Behauptung, dass der 1994 verstorbene "King" noch 2001 ein Interview gegeben hätte, und falsche Angaben, aus welchen US-Heften die am Schluss abgedruckten Originalzeichnungen stammen.