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Midnight Tales 20

Kann man dem Tod sprichwörtlich in letzter Sekunde noch von der Schippe springen?

Midnight Tales 20Clara ist sicherlich alles andere als der Inbegriff der älteren Dame, die sich bei Freunden und Familie gleichermaßen großer Beliebtheit erfreut. Eher wirkt sie wie eine entfesselte Naturgewalt, die ohne Vorwarnung über ihre Mitmenschen hereinbricht. Wo auch immer sie in Erscheinung tritt, ergießt sich ein stetiger Strom von Schimpfwörtern der übelsten Sorte in den Äther und treibt jeden in ihrer Nähe binnen weniger Minuten in den Wahnsinn.


Das mürrische Naturell Claras hat sich noch weiter verdüstert, denn zurzeit ist sie im Krankenhaus ans Bett gefesselt. Das Pflegepersonal und ihre Verwandtschaft ächzen unter der unerträglichen Laune der alten Giftspritze – eine Erfahrung, die auch die zwei sonderbaren Herren machen müssen, die Clara an ihrem Krankenbett aufsuchen. Wie gewohnt überzieht sie auch ihre neuesten Opfer mit einer wahren Kanonade von Fäkalsprache, muss jedoch stutzen, als die beiden Männer den Grund ihres Hierseins offenbaren.


Immer wieder schaffen es die "Midnight Tales", das Publikum zu überraschen. Auch der Ausgangspunkt des Plots verspricht eine unterhaltsame Angelegenheit zu werden, nimmt er doch eine vollkommen neue Position ein, die neben makabren Elementen auch humoristische Ansätze einbindet. Natürlich ist die Idee eines faustischen Pakts nicht neu, die vorliegende Umsetzung jedoch durchaus originell. Die Hauptfiguren sind allesamt stark überzeichnet und erinnern mehr als nur einmal an Karikaturen, was die Story zu einem Balanceakt macht, bei dem jederzeit die Gefahr besteht, den Bogen zu überspannen.


Genau dies passiert nämlich bei der Hauptfigur. Was in den ersten zwei, drei Minuten vielleicht noch lustig sein mag, entwickelt sich im weiteren Verlauf zu einer absoluten Nervenprobe. Nahezu jeder Satz endet mit einer neuen Auswahl an Beleidigungen und Schimpfwörtern. Es mag Menschen geben, die dies aus dem Mund einer älteren Frau über eine Dreiviertelstunde amüsant finden, das Gros der Hörer dürfte sicherlich mehrfach gepeinigt zur Stopptaste blicken. Sorry, aber das ist einfach zu viel des Guten.


Ungewöhnlicherweise trägt sich das gesamte Hörspiel lediglich an einem einzigen Ort zu, dem Krankenbett der alten Frau. Was zunächst ernüchternd klingt, macht hier tatsächlich durchaus Sinn. Das eingeschränkte Sujet der Figuren verdichtet die Geschichte und lässt zu keiner Zeit Langeweile aufkommen, denn auch wenn der Handlungsort sich auf ein einziges Zimmer beschränkt, so geschieht doch dauerhaft eine ganze Menge in der Enge des Raums. Die Soundeffekte sind eher schlichter Natur, wo sie jedoch benötigt werden, wissen sie zu überzeugen. Selbiges gibt es von den verwendeten musikalischen Kompositionen zu berichten, die allesamt gut zum Plot passen.


Eine derart wortgewaltige Rolle wie die der Clara braucht eine außergewöhnliche und raumergreifende Stimme, um sie glaubhaft mit Leben zu füllen. Eine schwierige Aufgabe, und dennoch wurde sie mit Bravour gemeistert. Katja Brügger ist mit ihrer rauen und tiefen Stimme die Idealbesetzung für die Figur. Sie pöbelt und poltert sich durch ihre Texte, dass es eine wahre Freude ist, andere Sprecherin wären an dieser Aufgabe sicherlich verzweifelt. An ihrer Seite agieren Bert Stevens als Morty und Thomas Balou Martin, deren Stimmen ebenfalls hervorragend passen, um dem Teufel und seinem guten Kumpel, dem Tod, Gehör zu verschaffen. Bei der Besetzung hat man tatsächlich nichts dem Zufall überlassen. Die "Midnight Tales" wissen auch nach mehr als 20 Episoden immer noch mit frischen und unverbrauchten Geschichten zu überraschen. Wer sich von den sprachlichen Entgleisungen nicht abschrecken lässt, bekommt auch hier beste Unterhaltung geboten.


 
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Publisher: Contendo Media


 





















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