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No Longer Human

Mit der Adaption des Hauptwerks eines anderen Meisters beweist Junji Ito ein weiteres Mal seine überragenden Fähigkeiten beim Offenlegen menschlicher Ausnahmezustände.

No Longer HumanEs scheint einer jener Zufälle zu sein, an die man nicht so recht glauben will: Just im selben Jahr, in dem eine Gesamtedition startet, die das Werk von Dazai Osamu erstmals vollständig auf Deutsch präsentiert, erscheint die Manga-Adaption von "Gezeichnet". Das stark autobiografische Werk, das der Literaturwissenschaft als eine Art Abschiedsbrief des 1948 durch (Doppel-)Selbstmord aus dem Leben geschiedenen Kultautors gilt, wurde von niemand Geringerem als Junji Ito auf über 600 Seiten umgesetzt. Natürlich sind in der Vergangenheit nicht wenige Bearbeitungen von Osamus Opus Magnum entstanden, auch in den Sphären der Neunten Kunst, aber die vorliegende vermag wohl viele davon locker zu toppen.


Wer das bei Carlsen erscheinende und kontinuierlich um neue Bände erweiterte Portfolio an Geschichten des japanischen Superstars kennt, weiß um dessen Talent für die Darstellung von absurdem Horror, der sich des Alltags der auftretenden Figuren bemächtigt und sie (meist) früher oder später ins Verderben reißt. Hier sind jedoch nicht übersinnliche Kräfte oder paranormale Phänomene von außen am Werk, sondern die inneren Dämonen, die von Protagonist Yozo Oba Besitz ergreifen und ihn die Welt um sich herum als unverständlich, bisweilen feindlich gesinnt wahrnehmen lassen – eine Welt, in der sich als Ausgeschlossener fühlt, obwohl ihm als Kind einer angesehenen und wohlhabenden Familie eigentlich alle Türen offenstehen müssten.


Schon binnen weniger Seiten beginnt man zu erahnen, warum Junji Ito ausgerechnet eines der meistgelesenen Bücher Japans als Vorlage auserkoren hat, denn sein Stil passt geradezu beängstigend gut für den Leidensweg, bei dem ein begabter junger Mensch in Abgründe aus Lügen, Ausschweifungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch gerät und sich auf weiter Strecke in sein Schicksal zu fügen scheint. Seien es Höllenszenarios, wie sie auch ein Bruegel ersinnen hätte können, oder der durchdringende Blick einer betrogenen Liebschaft – jeder Strich von Ito intensiviert die Lektüre dieses Fegefeuers der Eitelkeiten.


"In dem Werk stecken Angst, Grauen und Wahnsinn. Es drückt Todessehnsucht und Lebenshunger aus, es ist Drama und Komödie", äußerst sich der Kunstkritiker Takito über ein Gemälde von Yozo, als dieser an der Schwelle zu einer möglichen Karriere als großer Maler steht. Dieses Resümee ließe sich problemlos auch auf "No Longer Human", so der geläufige englische Titel von Osamus Buch, der hier verwendet wurde, übertragen. Überdies beschränkt sich Ito sozusagen keinesfalls auf eine bloße Anbetung der Asche, sondern fügt auch noch sein eigenes kleines Feuer (durchaus infernalischen Ursprungs) hinzu, sodass allein schon deshalb die Lust auf das Lesen der Vorlage geweckt wird, um zu entdecken, welche erzählerischen Freiheiten er sich dabei selbst an dieser oder jener Stelle genommen hat.


 
# # # Andreas Grabenschweiger # # #



Publisher: Carlsen Verlag


 
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