
Als OPETH im September begannen, ihr neues Werk "Heritage" unters Volk zu bringen, war ich schlichtweg begeistert. Waren die ersten Liedentwürfe für die neue Scheibe mit demselben Blut geschrieben wie das Vorgängeralbum, äußerte Medez seine Enttäuschung darüber, ein weiteres Album in diesem Stil aufzunehmen. Åkerfeldt gab, nach diesem Anreiz, der Komposition einen neuen Schliff und "The Lines In My Hand" war geboren. Die Schweden lassen ihre Death Metal Einflüsse hinter sich, verzichten wie bei schon bei "Damnation" auf Gegröle und trumpfen mit Balladen und verspielten Kompositionen auf.
Als ich nach einem kurzen Abstecher in die Altstadt von Bratislava den Majestic Music Club betrete, steht auch schon der Support auf der Bühne: VON HERTZEN BROTHERS. Musikalisch werden sie als Prog-orientierte Rockband beschrieben, die ihre musikalische Inspiration in Größen wie LED ZEPPELIN, DEEP PURPLE und PINK FLOYD finden. Die Musik der Brüder lässt den Schalter in meinem Hirn unwiderruflich auf "Kopfkino" springen: In einem heruntergekommen Wirtshaus spielen vier Männer Karten. Der dickste des Quartetts hat wenige, dafür fettige Haare über seinen Kopf gekämmt und trägt ein weißes Unterhemd zu zerrissenen Jeans. Die Umgebung ist verschwommen, der Raum verraucht und als der Lichtkegel der trüben Lampe auf die letzte Karte in der Hand des Fettsacks fällt, formen sich seine Lippen zu einem Grinsen und geben die Sicht auf braune Zahnstummeln frei. Unter hämischem Gelächter lässt er den Herzbuben auf den Kartenstapel fallen und gewinnt das Spiel. Ende gut, alles gut.
OPETH präsentieren sich gut gelaunt auf der Bühne und sind mit einer bunt gemischten Setlist bereit für einen grandiosen Abend. So soll es sein. Jede Scheibe bekommt ihren Auftritt und mit vier Songs von "Heritage" wurde auch Einiges an frischem Albumblut aufmunternd versprüht. "The Devil`s Orchard" bereitet die gut gefüllte Halle auf Hymnen wie "I Feel The Dark", "Face Of Melinda" und "Slither" vor. Die Stimmung ist fantastisch und dürfte auch in hohem Maße auf Mendez` Gemüt geschlagen haben. Räusper. Unfassbar wie "happy Mendez", laut Akerfeldts Ansagen, über den ganzen Abend und die ganze Welt ist. Und das völlig zu Recht!
Auf dem Cover der Ende 2011 veröffentlichten "Heritage" lässt Travis Smith einen Baum das blühende Musikgeschen der Band in diesen Tagen verkörpern, während die Wurzeln direkt in die Hölle gehen um die Death Metal Vergangenheit der Band nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Gesichter, unschwer zu erkennen, sind die der jetzigen Bandmitglieder und die Schädel unter dem Baum die ehemaligen Musiker aus vergangener Zeit. Auch wenn die Herzen der eingefleischten OPETH Fans nicht mit dem Gegröle aus alter Zeit einbalsamiert werden, war der Abend musikalisch so abwechslungsreich, dass es keinen Grund für Beschwerden gab. Die Live-Performance der Schweden ist vom Feinsten. Ich könnte mir mit lobenden Worten die Finger wundtippen, belasse es aber dabei, den Lesern nahe zu legen so ein Konzert, das atmosphärisch und musikalisch gleichermaßen aufwühlend ist, in Zukunft nicht zu versäumen um sich selbst einen Eindruck zu machen.
# # # Verena Oberhofer # # #