Viele hätten die Geschichte von Terrence Parker als skurrile Kuriosität abgetan, nicht ahnend, welch perfides Verbrechen hinter der Fassade des Harmlosen lauert.
Schwermut hat sich in der Baker Street breit gemacht. Seit einiger Zeit wurde kein Fall an den Meisterdetektiv herangetragen und er beginnt an Unterforderung zu leiden, was in eine enorme Niedergeschlagenheit mündet, welche die Nerven der Mitbewohner auf eine harte Probe stellt. Wenig überraschend kann Dr. Watson sein Glück kaum fassen, als endlich ein Brief einen neuen Klienten ankündigt. Beim ehemaligen Militärmediziner macht sich jedoch schnell Ernüchterung breit, denn die Geschichte des jungen Terrence Parker klingt allenfalls sonderbar.
Die Beschäftigung als Privatsekretär des undurchsichtigen Charles Forlitt scheint eine reine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu sein, die auferlegten Aufgaben erfüllen keinen wirklichen Zweck. Hinzu kommt der merkwürdige Wunsch des Dienstgebers, dass Parker in die Rolle des Hausherrn schlüpfen soll, wenn dieser sein Heim verlässt. Sherlock Holmes` Neugier ist geweckt, er bittet den jungen Mann, an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren und ihn über die weiteren Entwicklungen im Haus zu unterrichten. Zwei Wochen verstreichen ohne eine Nachricht, doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Der junge Sekretär ist spurlos verschwunden und als ob dies allein noch nicht genügen würde, bezichtigt ihn sein Chef des Diebstahls. In höchster Sorge nimmt Holmes die Ermittlungen auf, getrieben von der Frage, was Parker zugestoßen sein könnte, denn an eine Diebesgeschichte mag der Detektiv keine Sekunde lang glauben.
Sir Arthur Conan Doyle, der geistige Vater von Sherlock Holmes, hätte an dieser Geschichte sicherlich Freude gehabt, schließlich wählte auch er bei einem seiner vielen Fälle des Meisterdetektivs eine ähnliche Ausgangslage: Eine Person übernimmt eine scheinbar vollkommen sinnlose Aufgabe und wird dafür fürstlich entlohnt. "Die Liga der Rothaarigen" verbindet jedoch eine Menge mehr mit dem vorliegenden Abenteuer von Sherlock Holmes, denn "Was das Feuer übrigließ" brennt nämlich ein Feuerwerk guter Ideen und unerwarteter Wendungen ab.
Wie so häufig wählt man einen eher bedächtigen Einstieg ins Geschehen und gibt der Handlung Zeit, um sich zu entfalten. Natürlich kommen auch die vom Hörer geschätzten Wortduelle zwischen Holmes und Watson nicht zu kurz, das ändert sich jedoch, wenn die Story die gewohnten Bahnen verlässt. So entscheidet sich Holmes entgegen seinem sonstigen Vorgehen dazu, zunächst untätig zu bleiben und abzuwarten – ein fataler Fehler mit ungeahnten Folgen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich ein Fall mit einer stetig ansteigenden Spannungskurve und einigen Wendungen des Plots in eine unerwartete Richtung, die dieses Hörspiel zu einem wirklichen Krimivergnügen werden lassen. Immer wenn man glaubt, alle Puzzleteile in den Händen zu halten, zeigt Holmes einmal mehr sein gesamtes Können und überrascht mit neuen, unerwarteten Details.
"Was das Feuer übrigließ" beinhaltet alles, was eine gelungene klassische Detektivgeschichte braucht und greift ganz wie nebenbei viele Elemente auf, die Sherlock Holmes zu dem berühmten Detektiv aus der Baker Street machen, der er heute für viele ist. Die Soundeffekte sind von eher gediegener Natur und passen bestens zum viktorianischen Setting. Es sind die vielen kleinen Details, die erst auf den zweiten Blick auffallen und zeigen, mit wie viel Liebe einzelne Szenen geräuschtechnisch aufgebaut wurden. Titania stellt hier einmal mehr unter Beweis, dass man mit viel Herzblut an die Sache herangeht.
Die musikalische Gestaltung stellt sich einmal mehr komplett in den Dienst der Story und arbeitet die Besonderheiten der jeweiligen Szenen gekonnt hervor. Egal ob eher heiter oder dramatisch, die eingesetzten Kompositionen wissen zu überzeugen. Hans Beyer schlüpft in die Rolle des undurchsichtigen Mr. Follitt und liefert hier ganz nebenbei eine Interpretation eines Charakters, bei dem es schwerfällt ihn zu mögen. Großartig!
Tom Raczko agiert als Terrence Parker genauso, wie man es von einem jungen Menschen erwarten würde, der urplötzlich mit einer ganzen Reihe von seltsamen Vorkommnissen konfrontiert wird, ebenfalls ein sehr ansprechender Auftritt. Zu Joachim Tennstedt und Detlef Bierstedt als kongenialem Duo Holmes/Watson muss man eigentlich nicht mehr viele Worte verlieren, beide sind brillant. "Was das Feuer übrigließ" ist eine große Hommage an die Klassiker aus dem Kanon von Sir Arthur Conan Doyle und ohne Einschränkungen eine der besten Episoden der Reihe.