Selbstmord oder das perfekte Verbrechen? Eigentlich gibt es keinerlei Zweifel, dass Charles Hinley Suizid beging.

Sein Tod kann zwar ohne Probleme als außergewöhnlich bezeichnet werden, allerdings steht für Scotland Yard fest, dass er ohne Fremdeinwirkung eintrat. Nur Sheila Darby, die Verlobte des Dahingeschiedenen, ist sich sicher, dass ihr Geliebter auf perfide Art ermordet wurde. Sie erhebt massive Anschuldigungen gegen Raymond Tranton, einen beliebten Lebemann der gehobenen Gesellschaft.
Allerdings gibt es keinerlei Beweis für ihre Anschuldigungen. Schlimmer noch, der Verdächtigte verfügt über ein lupenreines Alibi: Gleich mehrere Personen befanden sich in der Gesellschaft Trentons, als Hinley starb. Damit dürfte keinerlei Zweifel an der Unschuld des Gastgebers bestehen. Selbst Sherlock Holmes gibt sich skeptisch, was die Anschuldigungen der jungen Frau betrifft. Doch das Interesse des beratenden Detektivs ist geweckt und tatsächlich gibt es alsbald einige Ungereimtheiten, die einen Mord nicht unmöglich erscheinen lassen. Holmes und sein getreuer Freund Watson bekommen es mit einem Fall zu tun, der die Kombinationsgabe des Schnüfflers aus der Baker Street vor ganz neue Herausforderungen stellt.
Wirft man einen Blick in die Sammlung der Geschichten, die Sir Arthur Conan Doyle über den berühmten Detektiv verfasste, sind gerade jene die herausragendsten, in denen das Wie vor dem Wer rangiert. Darüber, dass ein Moriatry oder ein Charles Augustus Milverton durchtriebene Meisterschurken sind, besteht keinerlei Zweifel. Die Faszination, die genau diese Erzählungen auf das Publikum ausüben, zieht sich aus den deduktiven Meisterleistungen, die ein Sherlock Holmes anstellt, um die Verbrecher ihrer gerechten Strafe zuzuführen.
"Der maskierte Tod" ist geradezu ein Musterbeispiel für diese Spielart der Detektivgeschichte. Sherlock Holmes wird mit dem scheinbar perfekten Verbrechen konfrontiert und muss nicht nur den Polizeiapparat davon überzeugen, dass ein klassischer Fall von Suizid doch in die Kategorie Mord fällt – daraus zieht die Episode ihre enorme Spannung. Dazu gesellt sich die Suche nach dem Motiv für die kreative Art, einen Menschen aus dem Leben scheiden zu lassen und natürlich, wie dies letztendlich überhaupt bewerkstelligt werden konnte. Immer wieder erscheinen die Ermittlungen in einer Sackgasse zu enden, umso erstaunter bleibt der Hörer zurück, wenn Holmes unerwartet doch wieder eine neue Wendung des Falls präsentiert.
Die Handlung wird zügig vorangetrieben und schafft es problemlos, das Publikum bis zum Schluss zu fesseln, allerdings gibt es einen leichten Abzug in der B-Note. Natürlich ist es vollkommen in Ordnung, den Plot durch einige lockere, auch humorvolle Passagen aufzulockern, allerdings sind die ständigen Plänkeleien zwischen Watson und Lestrade im vorliegenden Fall dann doch deutlich zu viel des Guten. Selbst demjenigen, der dieses Hörspiel nur nebenbei verfolgt, dürfte spätestens nach einer Viertelstunde klar geworden sein, dass Watson eine unverhohlene Abneigung gegen Lestrade hegt. Danach beginnen die Wortgefechte schlicht und einfach zu nerven.
Das Sounddesign bewegt sich gänzlich in den Parametern des Labels und ist eher dezenter Natur. Die einzelnen Szenen sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet und insbesondere jene, in denen die Mordmethode präsentiert wird, können hier punkten und verdienen besonderes Lob. Ebenso kann man die musikalische Bearbeitung ohne Umschweife als überzeugend bewerten. Die eingesetzten Arrangements passen hervorragend zur Stimmung der jeweiligen Szene und runden den gelungenen Gesamteindruck ab.
Star dieser Folge ist eindeutig Claus Thull-Emden, seine Performance als überheblicher und arroganter Vertreter der britischen Oberschicht sucht ihresgleichen und weckt sofort Abneigung gegen die Figur des Raymond Tranton. Einfach toll! Dazu das Duo Tennstedt und Bierstedt in Bestform, ergänzt um erstklassige Sprecher wie Regina Lemnitz, Peter Weis und Kristine Walther in den Nebenrollen – schon hält man mehr als eine gute Stunde bester Krimi-Unterhaltung in den Händen.