In einem Londoner Tanzetablissement eskaliert der Streit zweier Gentlemen in aller Öffentlichkeit. Am Ende ist einer der Männer tot.

Der gemütliche Abend im gemeinsamen Apartment in der Baker Street nimmt für Sherlock Holmes und Dr. Watson eine unerwartete Wendung, denn Mrs. Hudson und ihre Cousine sind am Boden zerstört: Die Herren, die sie zum Tanzen ausführen sollten, sind nicht erschienen. Die Stimmung hat einen Tiefpunkt erreicht. Holmes und Watson erkennen die missliche Lage und werden zu Rettern in der Not, indem sie die beiden Damen nach kurzer Diskussion zu ihrem Tanzabend im Pointed Shoe begleiten.
Obwohl ein derartiges Vergnügen gänzlich seiner Natur widerspricht, beschließt Sherlock Holmes, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und erweist sich unerwartet als gut gelaunter sowie charmanter Begleiter und Gesprächspartner. Die heitere Stimmung wird jedoch schnell getrübt, als ein angetrunkener Stammgast in weiblicher Begleitung das Lokal betritt. Mehrere Gäste sind vom vulgären Auftreten des Herrn abgestoßen, insbesondere ein junger Mann, mit dem der Neuankömmling bereits mehrfach in der Vergangenheit aneinandergeraten ist. Eine direkte Konfrontation scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, doch die Ereignisse nehmen einen unerwarteten Verlauf.
Nachdem es bereits mehrfach zu einem verbalen Schlagabtausch kam, sackt der Unruhestifter, dessen Name John Forfar lautet, tot an seinem Tisch zusammen. Eine natürliche Ursache kann schnell ausgeschlossen werden, es handelt sich offenbar um einen Mord durch Gift. Schnell fällt der Verdacht auf den jungen Tony Elgin, der den gesamten Abend mit Forfar im Streit lag. Ein Motiv und erste Indizien sind schnell gefunden, Scotland Yard geht von einem schnell abgeschlossenen Fall aus. Sherlock Holmes zeigt sich jedoch nicht von der Schuld des Mannes überzeugt und versucht, den wahren Täter zu ermitteln.
Herman Cyril McNeile ist mittlerweile ein gern gesehener Gast, wenn es um die Vertonung von Geschichten rund um die Spürnase aus der Baker Street geht, da sich die Detektivstorys des Autors recht einfach auf den bekannten Sherlock Holmes ummünzen lassen. Dies gelingt auch bei "Die vierte Flasche" problemlos, sodass die Handlung wie vom geistigen Vater des Ermittlers höchstpersönlich anmutet. Leider entpuppt sich diese trotz üppiger Länge als Scheinriese, denn wenn man die ganzen pompös um den eigentlichen Mord herum arrangierten Dialoge und Wortgefechte beiseitelässt, bietet diese Episode einen Kriminalfall, der sich problemlos in der Hälfte der Zeit erzählen ließe.
Natürlich gibt es einen Mord, der sich am Ende ganz anders zugetragen hat als auf den ersten Blick vermutet, und selbstverständlich auch wieder eine Menge geschliffener Wortgefechte, die zu einem Markenzeichen der Serie avanciert sind und Fans zu schätzen wissen. Dazu gesellt sich die Figur der Margery Mapelton, die bei sicherlich vielen Hörern beliebt sein mag, in dieser Folge aber als das grellbunte und unpassende Element in Erinnerung bleibt. Ist diese Figur wirklich nötig, um eine gute Geschichte mit Sherlock Holmes zu präsentieren?
Der eigentliche Fall lässt sich im Spannungsfeld der klassischen britischen Kriminalliteratur verorten und wird auf dem gewohnt hohen Niveau von Titania Medien mit Leben gefüllt. Möchte man ihm ein Etikett verleihen, so wäre sicherlich "Kammerspiel in der breiten Öffentlichkeit" klug gewählt, denn alle Ereignisse werden nahezu ausnahmslos vom Tisch Sherlock Holmes` im Pointed Shoe in Szene gesetzt. Während im Hintergrund das pralle Leben tobt, sinnieren die Tischgäste über die Vorkommnisse im Tanzsaal und ihre Protagonisten nach.
Die Soundeffekte sind wie gewohnt eher dezenter Natur, tragen aber gerade in diesem Fall zu einer imposanten Inszenierung der Geschichte bei. Eine liebevolle und überzeugende Arbeit. Dasselbe kann auch über die musikalische Ausstattung gesagt werden, die ebenfalls wieder höchsten Standards entspricht. Tennstedt und Bierstedt sind eine Bank und schaffen es mühelos, eine gelungene Performance von Sherlock Holmes und Doktor Watson zum Leben zu erwecken. Daneben ist es insbesondere Patrick Bach, der als Fiesling John Forfar zu glänzen weiß. In weiteren Rollen agieren Regina Lemnitz, Philine Peters-Arnolds, Christian Stark und Peter Weis. Eine gute Episode, der eine gewisse Straffung gut getan hätte und die sich im soliden Mittelfeld der Reihe platziert.