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THROW RAG

Sailor Rock aus den Wüsten Kaliforniens

 

„Unsere erste Platte datiert eigentlich das Jahr 1996, offiziell wurde sie aber erst 2001 eingespielt, was aber nicht stimmt. Dann wäre da noch das Nachfolgealbum, das nie veröffentlicht wurde. Und „Desert Shores“ ist unsere neue Platte, unsere dritte, eigentlich ja erst die zweite…“

 

Alles klar, die Damen und Herren? Ihr seht schon, THROW RAG sind keine Band, die man so im Vorbeigehen mitnimmt. Hier bedarf es schon einer ausführlicheren Erklärung, und bei etwas genauerer Beschäftigung mit den Herren aus Kalifornien wird klar: Was auch immer in dieser Welt normal sein mag, THROW RAG sind es definitiv nicht.

Begonnen hat alles vor neun Jahren. Einige Kumpels aus dem Süden Kaliforniens treffen sich, machen gemeinsam Musik – same old story, same old songs?

 

Eben nicht. Denn wo ein Großteil der Bands das alte Demo-Platte-Shows-Spielchen mitmacht, arbeiteten THROW RAG antizyklisch. Jegliche Regeln des Musikbusiness wurden über den Haufen geworfen. Warum, wieso und weshalb weiß wohl niemand besser als Captain Sean-Doe, Sänger von eben besagtem verrückten Haufen:

 

"Wir hatten schon eine Platte, die 1996 aufgenommen wurde. Wir haben aber 2001 draufgeschrieben und sie unter dem Titel „Tee-Tot“ auf einem kleinen Label (Hellnot Records) veröffentlicht, um sie nicht allzu alt aussehen zu lassen. Es war eine große Zeitspanne zwischen „Tee-Tot“ und dem aktuellen Album „Desert Shores“ und das hört man auch.“

 

Das neue Album von dem Captain Sean-Doe spricht, hat über das Uralt-Label BYO Records das Licht der Welt erblickt. Und in der Tat, die vielen Jahre, die zwischen den Aufnahmen der beiden Alben lagen, sind wirklich zu hören. Waren die Songs am Erstling eher Country/Swamp und Boogie/Garage beeinflusst, kommt auf „Desert Shores“ eine Riesenportion motherfuckin’ Punkrock hinzu. Das Ergebnis bläst dem Hörer förmlich die Pants vom Gesäß! Völlig ungestüm und voller Power gehen THROW RAG ans Werk, als gäbe es kein Morgen. Mr. Captain Sean-Doe analysiert die Progression:

 

„Die häufige Livepräsenz hat auch unseren Sound verändert. Aber auch heute noch haben wir Instrumente, die nicht unbedingt typisch für eine Punkband sind. Das Waschbrett zum Beispiel…“

 

Wash’n’Roll

So weit, so gut. Wäre da nicht noch das legendäre „lost album“, das ja schon bei so mancher Band in die Geschichte eingegangen ist. Wir erinnern uns beispielsweise an die niemals veröffentlichte „Smile“ Platte der BEACH BOYS, die – dem Mythos zufolge – die beste Scheibe war, die jemals eingespielt wurde. Was wäre wenn? Auch im Falle von THROW RAG die große Frage, denn genauso wie bei Brian Wilson & Co. wird auch bei der Combo von Captain Sean-Doe das Geheimnis nie gelüftet. Oder doch?

 

„Unsere zweite Platte wurde nie veröffentlicht. Auf der waren einige Surf-Instrumentals zu hören, ziemlich DICK DALE beeinflusst teilweise. Das verlorene Album – tja, wir werden einige Songs davon wieder veröffentlichen. Ein Teil der Songs ist wirklich gut, aber einen Teil davon kann ich mir nicht anhören. Vor allem, da die Vocals so rein und brav klingen, dass ich mich selbst nicht mehr erkenne. Auf der brandneuen Split CD mit den SUPERSUCKERS ist der Song „Stink Bug“ enthalten, der von dieser nie veröffentlichten Platte stammt. Eventuell wird Duane Peters auf einen Song für eine Compilation auf Disaster Records nehmen. Eine Split-Single mit FLOGGING MOLLY ist auch geplant, die Lieder vom „lost album“ werden also nach und nach an die Öffentlichkeit gelangen. Wir wollten nicht ein Album veröffentlichen, mit dem wir nicht ganz zufrieden sind und das, wie das erste, schwer zu bekommen ist. Und so haben wir es ganz bleiben lassen.“

 

Klingt logisch; und immerhin kommen THROW RAG Fans ja nach und nach in den Genuss jener nie veröffentlichten Songs.

 

The Reverend & The Suckers

Wobei ein wichtiges Stichwort in der THROW RAG Gegenwart soeben gefallen ist. Es ist immer von Vorteil, wenn eine bekannte Band mächtig Werbung für eine unbekanntere macht. Im Falle der Jungs aus Kalifornien heißen die großen Supporter SUPERSUCKERS. Allen voran deren Boss Eddie Spaghetti, der keine Gelegenheit auslässt, um mächtig Werbung für THROW RAG zu machen. Und alleine schon das ist – bei dem großartigen Musikgeschmack des SUPERSUCKERS Sänger – ein Qualitätsgarant und großes Kompliment für Captain Sean-Doe und seine Mannen.

 

„Wir haben in Los Angeles einige Shows mit ihnen gespielt und als wir dann mit ihnen auf Tour gingen, wurden wir wirklich gute Freunde. Eddie kam bei unseren Shows immer auf die Bühne und hat mitgesungen. Es gibt nicht viele Bands, mit denen die SUPERSUCKERS touren wollen und schon alleine das fasse ich als großes Kompliment auf. Eddie hat ja jetzt auch sein eigenes Label namens Mid-Fi Records gegründet und uns gefragt, ob wir das neue Album bei ihnen herausbringen wollen. Wir entschieden uns jedoch, es auf BYO zu veröffentlichen, aus dem einfachen Grund, da es BYO schon eine Ewigkeit gibt, es ein tolles Label ist und es sie auch noch mit Sicherheit lange geben wird. Bei Mid-Fi Records wären wir ins kalte Wasser gesprungen, von daher war uns BYO lieber.“

 

Das Ergebnis dieser Bandfreundschaft ist eine Split CD, was den THROW RAG Sänger jedoch ein wenig stört, denn

 

„es sollte auf Vinyl veröffentlicht werden, immerhin ist pro Band nur ein Song enthalten. Amerikanische Labels veröffentlichen viel zu wenig auf Vinyl; leider, muss ich sagen. Vinyl wird sich immer verkaufen. Ok, es ist in der Produktion teurer, aber scheiß drauf, es ist viel cooler. Ich liebe Vinyl. Es gibt nicht Besseres, als eine große Plattensammlung zu haben. Auch wenn das Umziehen unglaublich umständlich dadurch wird. Vinyl zu kaufen ist ganz was anderes als sich eine CD zu checken, man kann das gar nicht vergleichen.“

 

Nicht nur die SUPERSUCKERS, sondern noch ein ganz anderes Kaliber hat sich ebenfalls THROW RAG angenommen und wochenlang durch die ganzen US of A tourmäßig begleiten lassen. Niemand geringerer als die Rockabilly-Legende REVEREND HORTON HEAT nämlich.

 

„Reverend ist sehr zurückhaltend und introvertiert. In den ersten drei Wochen der Tour haben wir mit ihm keine drei Wörter gesprochen und dann öffnete er sich immer mehr und entpuppte sich als wirklich netter Typ“, weiß der THROW RAG Sänger über den REVEREND HORTON HEAT Chief zu berichten.

 

Sailor Rock

Wäre nur noch ein Geheimnis zu lüften. Bei einem Albumtitel wie „Desert Shores“, einer Selbstbeschreibung a la „Sailor Rock from the Salton Sea, California“ und einem Namen wie Captain Sean-Doe steckt ein Konzept dahinter. Wer weiß es besser als der Captain himself:

„Wir haben da gar nicht an TURBONEGRO bezüglich Sailor Rock gedacht. Ich komme aus der Wüste, der Sand ist wie ein Wüstenmeer. Ich bin daheim gesessen, habe zuviel Kaffee getrunken und habe mir überlegt, was ich tun kann um der coolste Motherfucker überhaupt zu werden. Da sind mir diese Leute eingefallen, hauptsächlich Schwarze, die in den Südstaaten in den Casinos früher waren. Die hatten Anzüge an, ein Seemannskäppchen, weiße Socken, das sieht so verdammt cool aus. Die Leute brauchen immer etwas, an das sie sich klammern können, sie brauchen immer Begriffe und da haben wir uns eben Sailor Rock ausgedacht. Wir hätten unsere Musik auch Limobilly nennen können, was auch immer.“

Ob Sailor Rock, ob Limobilly, eines sind THROW RAG auf jeden Fall. Ein Haufen völlig verrückter Musiker, die mit „Desert Shores“ eine völlig geniale Platte aufgenommen haben. Wahrscheinlich sogar eine meiner drei Lieblingsplatten des abgelaufenen Jahres. Auch auf der soeben beendeten Tour mit den MAD CADDIES konnten die Herren uneingeschränkt überzeugen. Wie heißt es so schön: In Sailor Rock we trust!

(www.throwrag.com)

Dorian Frühbacher
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"Und jetzt haben wir zum ersten Mal viel Zeit in einem Majorstudio verbracht."

In Lust We Trust

Wer oder was, bei den klappernden Schenkeln der Huren von Kalderasch, ist IAMX?

Frauen sind das Tollste, was der liebe Gott jemals gemacht hat.

"den Leuten zu zeigen an sich selbst zu glauben"

"...das ist erst der Anfang."
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