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Veronika beschließt zu sterben (Capelight Pictures)

Eine Frau ist erfolgreich und hat alles das erreicht, was sie eigentlich glücklich machen sollte. Trotzdem entscheidet sie sich zu sterben…

(C) Capelight Pictures / Veronika beschließt zu sterben / Zum Vergrößern auf das Bild klickenVeronika (Sarah Michelle Gellar) ist eine wunderschöne junge Frau, die trotz ihrer Errungenschaften keinen wirklichen Sinn im Leben findet. Jeder erreichte Erfolg scheint ihr nur mehr zu zeigen, dass sie einfach nicht glücklich werden kann und so quält sie sich von einem depressiven Schub zum nächsten. Als sie sich eines Tages sicher ist, dass das Leben ihr nicht mehr bieten kann als sie bis dato schon erlebt hat und folglich auch keine Aussicht auf Glück mehr vorhanden ist, mixt sich die Hübsche einen bunten Cocktail aus Alkohol und Tabletten um ihrer tristen Existenz ein Ende zu bereiten. Doch nicht einmal das will funktionieren und so überlebt Veronika den partiellen Suizid. Sie wird in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen in der die meisten Insassen lediglich einsitzen weil sie andere Vorstellungen vom Leben und Dasein haben als die im breiten Ausmaß emotional standardisierte Gesellschaft.


Veronika erfährt dass sie aufgrund des Tablettencocktails ihr Herz dermaßen geschwächt hat, dass ihr nur noch kurze Zeit zu leben bleibt. Obwohl der Suizid mit einiger Verzögerung nun doch klappen wird, ist die junge Schönheit plötzlich wankelmütig und beginnt das Leben zu schätzen. Sie fängt an, sich mit den anderen Insassen auseinanderzusetzen, im Besonderen mit dem schizophrenen Edward (Jonathan Tucker), der seit dem Tod seiner Freundin ein sehr stummes und introvertiertes Leben führt. Prompt verliebt sich die wandelnde Tote in den emotional geschädigten Edward und ihr wird klar, dass es sich sehr wohl lohnt zu leben, auch wenn nur um der Liebe willen. So verbringen die beiden die vermeintlich letzten Tage in Veronikas Leben zusammen und blühen in der zeitlich durch Gevatter Tod begrenzten Beziehung regelrecht auf. Doch wie heißt es so schön: Man soll aufhören wenn es am schönsten ist…


Genauso oberflächlich wie hier geschildert ist die filmische Adaption von Paulo Coelhos Roman leider auch wirklich. Von seinen Charakteren sind nur mehr leere Hüllen übrig geblieben. Da es sich um eine fachgerechte amerikanische Inszenierung handelt und bei einer solchen offenbar nichts außerhalb der Vereinigten Staaten ablaufen kann, wird die Handlung auch nach New York verlegt. Alleine deshalb geht massig Realitätsbezug verloren, nichts ist mehr zu spüren von den Konflikten nach der Teilung Jugoslawiens, nichts mehr übrig von der damit einhergehenden Krisenstimmung in den Nachbarländern. Damit nicht genug, treibt es der Film ironischerweise an die Spitze, indem er durch die Änderung der äußeren Umstände ein weiteres Detail weg lässt: Veronika kritisiert in ihrem Abschiedsbrief bei Coelho dass Slowenien in der Welt weitgehend unbekannt sei. Die Ignoranz der filmischen Adaption bestätigt ihre Vermutungen in der Realität, denn von Slowenien ist im Film keine Rede. Da ist alles fein säuberlich amerikanisiert, damit man sich ja nicht die Mühe machen muss eine andere Kultur, ein anderes Land oder einfach eine andere Umgebung wahrzunehmen.


Aber das tut hier nichts zur Sache, die literarische Vorlage mal außen vor gelassen, wirkt der Film nicht einmal so schlecht wie er im Vergleich zur schriftlichen Version davonkommt. Die Schauspieler, allen voran Gellar, geben sich redlich Mühe mit dem verbliebenen Rest an Emotion eine gute Leistung abzuliefern, und das gelingt auch. Die Figuren wirken zwar nur rudimentär charakterisiert, aber trotzdem bringen sie es fertig die Geschichte authentisch darzustellen. Auch lässt sich nicht über die Stimmigkeit des Ensembles meckern und so passen alle dargestellten Figuren perfekt zueinander. Nichtsdestotrotz ist es die fadenscheinige Geschichte, die man keinem der Akteure abnimmt. Zu wenig Grundlage hat man für Veronikas Handeln und viel zu schnell und lebensbejahend schwenkt sie auf die "Lebe um zu Lieben"-Schiene um und auch Edward, der ob des Todes seiner Freundin ja ordentlich traumatisiert ist, lässt sich nicht lange bitten, bevor er Veronika an die Wäsche geht. Somit wirkt alles ein wenig oberflächlich, surreal und abgesehen von einer fast märchenhaften Adaption bleibt nur wenig übrig. Der Film hinkt durch die Handlung, in die Länge gezogene Einstellungen und ewig andauernde Shots auf die Protagonisten verfehlen ihre Wirkung gänzlich und tragen beinahe nichts zur Stimmung bei.


Um einem abermaligen Vergleich mit der literarischen Vorlage auszuweichen, sei lediglich gesagt, dass auch die fragmentarisch erhaltene Grundgeschichte auf jeden Fall ausreichen würde um daraus einen wirklich guten, tiefgründigen Film zu machen. Gerade in den USA, indem man sich passend zum American Dream über das definiert, was man macht, und wo einem eine erfolgreiche Karriere zum Glück genügen sollte, würde eine kritische Auseinandersetzung mit diesen falschen Idealen und die Thematisierung von Unglück trotz Erfolg einen sehr fruchtbaren Boden für gute Filmkunst abgeben. Jedoch wird in "Veronika beschließt zu sterben" diese Grundthematik lediglich angeschnitten, das Hauptaugenmerk liegt darauf zu zeigen, dass es eben erst die Liebe ist, die das Leben lebenswert macht…


"Veronika beschließt zu sterben" hat nicht mehr viel mit der literarischen Vorlage gemein, dass darf aber auch keinesfalls zum Qualitätsmerkmal für diesen Film werden. Eine authentische Darstellung von Coelhos Geschichte war nie Sinn und Zweck dieser Produktion, nein, vielmehr wollte man eine Liebesgeschichte inszenieren, die einen tragischen Hintergrund hat. Und das ist gelungen. Gefühlvoll wird hier eine Romanze mit Ablaufdatum gezeigt, die sich ihrer temporären Begrenzung völlig bewusst ist. Regisseurin Emily Young setzt die Probleme der Protagonisten gekonnt in Szene und liefert trotz aller Kritik einen wirklich schönen Liebesfilm, der keine Literaturverfilmung, sondern lediglich eine schöne Geschichte ist. "Veronika beschließt zu sterben" ist ein durchwegs guter Film, nur einen Fehler sollte man keinesfalls machen: Den Film auf eine Waagschale gegenüber Coelhos Vorlage zu legen, das ruiniert die Freude daran.



# # # Christoph Höhl # # #





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