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YAMAHA BAND CONTEST

05.04.03, PLANET MUSIC (WIEN)
Die leidige Aufgabe den Contest zu beginnen hatten die Kärntner PSYCHO P. Verständlich, dass das Planet Music um kurz nach sieben Uhr noch nicht wohl gefüllt war. Das hinderte die drei Jungs jedoch nicht daran, eine höchst professionelle Show abzuliefern. Stellenweise überkam einen sogar das Gefühl es mit perfekt aufeinander eingespielten Session-Musikern zu tun zu haben. Und wenn dann am Ende des Sets noch der Sänger auf der Bass-Drum steht um das Schlagzeug zu malträtieren gibt das natürlich Bonuspunkte. Egal, was sich dieser Mann eingeworfen hatte, er hätte der folgenden Band ruhig etwas davon abgeben können. SUNDUST, die ebenfalls aus Kärnten angereist waren, schienen sich nicht so recht entscheiden zu können, ob sie jetzt Stoner-Rock oder Metal spielen wollen. Im Endeffekt führte die fehlende Experimentierfreude und die Orientierung an altbekannten Größen (alte Black Sabbath, Kyuss, Melvins) zu einem recht einfallslosen Auftritt. Was PSYCHO P. an Sound-Druck vorlegten, konnten die fünf Jungs nicht mehr nachholen. Ähnlich erging es dann auch DAY ZERO, obwohl sie wenigstens tatkräftige Unterstützung aus Oberösterreich im Gepäck hatten. Wie bekannt ist X-Over, wie DAY ZERO ihre Musik bezeichnen, in der heutigen Zeit nur ein anderer Ausdruck für New-Metal, und so blieben sie mit ihrer new-typischen Gitarren-Arbeit, geklauten Riffs und Intros weniger als austauschbar. Frei nach dem Motto: Ich kam, ich stand da, und ging wieder, liefen diese 25 Minuten eindruckslos vorüber. Da nützt auch die krankheitsbedingte Entschuldigung des Sängers nichts, außer er hätte gemeinerweise die gesamte Band angesteckt. Das Einzige was virusartig um sich schlug war die Belanglosigkeit. DEMIAN (NÖ) starteten ihren Auftritt mit einem feinen Rock-Song und das eine oder andere Solo-Schmankerl des Gitarristen ließ aufatmen. Im Laufe des Sets stellte sich jedoch die Frage wie innovativ es wirklich ist, wenn eine Band zwanzig Minuten lang den selben Song spielt. Zu guter Letzt griff die Frontfrau noch selber zur Klampfe und DEMIAN packten unter ordentlichem Feedback-Gepfeife noch die Gefühlskeule aus. Neu geht anders, und den Sängerinnen-Bonus holte sich dummerweise auch die nächste Band. PROXONIC, übrigens die einzige Wiener Band an diesem Abend, überzeugten mit musikalischer Ausgereiftheit und einer Bühnenpräsenz, die nichts mehr zu wünschen übrig ließ. Vom ersten Moment an war Bewegung auf der Bühne, nicht mal den Drummer hielt es auf seinem Hocker. Sängerin Agata durfte den Rockbitch-Bonus einheimsen, und das ist ganz klar als Kompliment zu verstehen, immerhin bewies sie nach DEMIAN, dass Rock plus weiblicher Gesang zum Glück nicht zwingend nach Guano Apes oder ähnlichem Schund klingen muß. PROXONIC gehören definitiv zu den großen Heroes des Abends, was nicht nur der erste Platz in der Jury-Wertung (Gesamt: 4. Platz) beweist. „Da kann ja nichts mehr kommen,“ war der erste Gedanke nach diesem kraftvollen Auftritt. Und doch: Das mittlerweile zum Bersten gefüllte Planet Music hatte noch Einiges zu erwarten. Dass die Luft in der Halle mittlerweile zum Schneiden dick war, geht wahrscheinlich auf die Kappe der folgenden HOTCHPOTCH, die zwei Reisebusse voll partywütiger Tiroler im Schlepptau hatten. Kann es sein, daß die lange Anfahrtszeit aus dem Westen aufs Gemüt schlägt, oder weshalb sind Bands aus den gebirgigen Gefilden immer eine Spur abgedrehter? Irgendwo zwischen Dillinger Escape Plan und Tomahawk bewegten sich HOTCHPOTCH auf einem breiten Weg der Entzückung. Ohne den großen Hardcore-Pfeiler zu schwingen, überzeugten die Jungs mit erfrischend unvorhersehbarer Rhythmik, was unter anderem einem zusätzlichen Mann an der Percussion zu verdanken war. Dieser verdingte sich zeitweise auch mal als Band-eigener Tänzer und Animateur. Seine Bemühungen wurden schlussendlich belohnt, und so wurde während des Auftritts der Innsbrucker der erste Stage-Diver gesichtet. Wütende Auftritte werden eben doch belohnt, in diesem Falle mit dem zweiten Platz in der Gesamtwertung. Wäre das Prater-Fest am 1. Mai nicht so gemütlich und genial, ich würde sagen HOTCHPOTCH und PROXONIC sollten sich das Siegertreppchen teilen und alles andere sei vergessen. So einfach ist das natürlich nicht, und so quälten sich OUT OF FRAME zu später Stunde auf die Planet-Bühne. Lassen wir mal den alten Grundsatz außen vor und beziehen wir uns auf die Optik: OUT OF FRAME tragen Anzüge und wollen Ska spielen. Das verleitet nicht nur, sondern berechtigt gewissermaßen zu einem Vergleich mit einer der besten Live-Bands ever. Und hat sich der Gedanke an die Bosstones erst einmal festgesetzt, lässt er einen natürlich nicht so leicht los. Ganz eingefahren sind die 9 (in Worten: neun!) Xiberger mit ihrer Strategie nicht, immerhin konnten sie am Ende des Abends den ersten Platz einheimsen. Trotzdem: Was das Cello dort zu suchen hatte will noch immer nicht ganz eingehen, ganz abgesehen vom Sänger, der die Nerven der Anwesenden mit äußerst üblem Keyboard-Sound strapazieren musste, wenn er gerade mal nicht den Entertainer raushängen ließ. Ausbügeln durften diese Schnitzer dann die Bläser-Fraktion und der Lead-Gitarrist, die hervorragende Professionalität bewiesen. Um die Bezeichnung Ska zu verdienen waren OUT OF FRAME dann doch etwas zu fad, und so wurde kurzerhand ein neues Genre erfunden: Reggae-Metal ((c) by MikerOwavE). Das war dann aber auch schon der letzte Geistesblitz des Abends, denn die abschließende Band SYCOTRAP veranlasste zu keinen großen Ergüssen mehr. Während sich die Steirer redlich mit ihrem New-Trash-Metal (sic!) abmühten, kam es vor der Bühne zu größeren Abwanderungstendenzen. Das lag wahrscheinlich eher an der fortgeschrittenen Stunde und der Tatsache, dass das Planet Music eben nicht der Dreh- und Angelpunkt von Wien ist, als an der Performance der Jungs. SYCOTRAP entpuppten sich schließlich als Korn-Sick Of It All-Hybrid, es fehlte weniger an Kraft und Ausdauer als an Eigenständigkeit. Wann genau der Trash auf der Strecke geblieben ist, lässt sich auch nicht genau nachvollziehen, vielmehr wurde hier durchwachsener New-Metal dargeboten. Als Fazit des Abends lässt sich sagen: For every smile, there´s a veil. Einerseits ist es traurig, wenn man schlussendlich feststellen muss, dass die österreichische (Contest-)Musik-Szene glattgebügelt und ohne Ecken und Kanten daherkommt. Die Frage steht im Raum: Wo sind all die Berufs-Wahnsinnigen hin verschwunden?

Andererseits zeigen Bands wie PSYCHO P., PROXONIC und eben HOTCHPOTCH, dass es doch Sinn macht sich am 1. Mai durch den Wiener Prater zu schlagen und das eine oder andere Zuckerl zu fangen. Doch mal ganz ehrlich: Die wirklich grenz-genialen Bands from good old Austria finden sich überall, aber nicht bei Band-Contests. Doch das ist eine andere Geschichte.

Tina
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