SLAM Logo
© SLAM Media
SLAM #133 mit Interviews und Storys zu HIGH ON FIRE +++ KMPFSPRT +++ HOT WATER MUSIC +++ KRIS BARRAS BAND +++ MAGGIE LINDEMANN +++ THOSE DAMN CROWS +++ COLD YEARS +++ u.v.m. +++ Jetzt am Kiosk!

NO TE VA GUSTAR


Es wird dir gefallen – garantiert!
+++
Eine Welle aus Rock, Reggae, Murga, Candombe und Samba rollt Richtung deutscher Landen.
Pünktlich zum Sommeranfang liefert die uruguayanische Band NO TE VA GUSTAR (der Name “Es wird dir nicht gefallen“ ist bei dieser Band nicht Programm) die passende Musik, um zu feiern und das Leben zu genießen.
“Wir möchten mit unserer Musik Optimismus und Spaß vermitteln,” sagt Pablo und schaut dabei ganz ernst.

Der Schlagzeuger der Band NO TE VA GUSTAR ist der gesprächigste der sieben Bandmitglieder. Zumindest wirkt das auf der Bühne so. Emiliano, dem Frontmann, fällt es schwer, passende Worte zu finden und das ist dann auch oft das einzige, was er sagt. Was nicht bedeutet, dass zwischen ihm und dem Publikum kein Feeling entsteht. Im Gegenteil. Das, was Emiliano nicht spricht, wird durch die Musik und die Ausstrahlung der roqueros latinos übermittelt. Und da ist ja auch noch Pablo.

Aber jetzt sind die beiden mal nicht auf der Bühne, sondern sitzen in Emilianos Wohnzimmer in Montevideo. Es ist zehn Uhr am Vormittag und selbstverständlich gibt es Mate zu trinken. Mate ist das Nationalgetränk im kleinen Uruguay und darf niemals fehlen. Der anregende Tee wird aus einer speziellen Kalebasse getrunken und diese wird zwischen allen Anwesenden herumgereicht. Ein Ritual, das schnell Nähe schafft. Die Kalebasse in Emilianos Haushalt ist ein Rinderfuß (ob echt oder nicht, ist die Frage). Etwas ungewöhnlich, aber originell und irgendwie auch passend in diesem Land der Pampa und Rinderweiden. Diese Mischung aus Offenheit, Nähe und Verbundenheit zu Uruguay und Originalität, ist es auch, die die Musik von NTVG beschreibt.

Auf Nachfrage bezeichnen sie ihre Musik erstmal einfach nur als Rock, aber so einfach ist es dann doch nicht: “Natürlich haben wir viele Einflüsse aus verschiedensten Musikrichtungen: Rock, Reggae, Samba, Zamba, Murga, Candombe etc.. Am meisten beeinflussen und gefallen uns noch immer die Klassiker wie die Beatles, Rolling Stones oder Bob Marley. Deren Songs kann ich tausend Mal hören und immer wieder inspirieren sie mich neu,” erklärt Emiliano. “Aber auch die uruguayische Musik hat uns stark geprägt und wir fühlen uns als Teil der Entwicklung, die diese Musik gemacht hat. Seit 30 Jahren gibt es den Rock hier am Rio de la Plata, aber seit fünf Jahren hat er sich als eigener uruguayischer Musikstil gefestigt. Das freut uns, vor allem, weil wir an diesem Prozess teilhaben und ihn mitgestalten können.”

Dass die Band jetzt nach Europa kommt und hier ihre erste CD herausbringt, macht sie stolz. “Neue Orte kennen lernen und dann auch noch aufgrund unserer Berufung, der Musik, das ist das Größte. Natürlich haben wir davon geträumt, aber nie ernsthaft damit gerechnet. Es war schon toll, dass uns das auf nationalem Niveau passiert. Wir haben das komplette Hinterland Uruguays neu kennen gelernt.” In ihrer Heimat sind die Musiker seit ca. drei Jahren ganz vorne mit dabei. Anfang März haben sie im Velodrom in Montevideo ihr neues Album vorstellt.

Es waren ungefähr 6000 begeisterte Leute da (was für ein Land mit nur drei Millionen Einwohnern schon eine Menge ist) und die Stimmung hätte nicht besser sein können. “Das war überwältigend. Mit unserer Musik so viel gute Stimmung bei den Leuten zu erzeugen, macht uns glücklich.” Zumal die Situation im Land seit zwei Jahren nicht die beste ist.

Ökonomisch hat das Land eine schwere Krise durchgemacht und die Armut ist rapide gestiegen. Aber im Oktober ist zum ersten Mal in der Geschichte des Landes eine links-sozialistische Regierung gewählt worden. Das hat vielen im Land Mut gemacht und die Leute feiern wieder. Oder mehr denn je. “Es ist eine besondere Zeit, die wir gerade erleben in Uruguay, das ist toll. Die Energie und die Aufbruchstimmung, die in den Straßen herrscht, ist wirklich zu spüren und überträgt sich natürlich auf uns und unsere Musik,” erzählt Pablo.

Aber auch weniger fröhliche Themen kommen hoch: “Die Zeit der Militärdiktatur ist sehr präsent, gerade jetzt, wo die Leute, die damals verfolgt und gefoltert wurden, an die Macht gekommen sind. Das sind ganz eigene und starke Emotionen, die aufkommen. Es gibt viele Wunden, die noch nicht verheilt sind und wir sind der Meinung, dass das Thema zur Sprache kommen muss, die Wahrheiten endlich ausgesprochen werden müssen,” Pablo weiter. Das Konzert im Velodrom haben sie denn auch ihren Eltern, die in der Militärdiktatur gekämpft haben, gewidmet.

Von der neuen Regierung des Parteienbündnisses Frente Amplio erhoffen sich NO TE VA GUSTAR eine gerechtere Politik und auch mehr Engagement für Kultur und Musik. “Die Frente Amplio hat schon gezeigt, dass Kultur und Bildung wichtige Themen für sie sind. In Montevideo, wo sie seit einiger Zeit den Bürgermeister stellen, haben sie schon einiges bewegt,” erzählt Emiliano. Er selber hat nie Musikunterricht genossen, sondern sich alles selber und mit seinen Freunden beigebracht. Auch Pablo hatte keinen öffentlichen Musikunterricht, sondern verschiedene Privatlehrer. Aber das können sich eben nicht alle leisten.

Wir können jedenfalls hoffen, dass sich bewahrheitet, dass in Uruguay die Musik jetzt groß geschrieben wird, dann kommen hoffentlich bald immer mehr Bands vom Rio de la Plata und bringen uns ihre gute Laune mit. Aber NO TE VA GUSTAR sind zusammen mit Bands wie ABUELA COCA und LA VELA PUERCA schon jetzt unschlagbare Vorboten.

Interview: Frauke Böger

 

Biographie

NO TE VA GUSTAR

 

Die Geburtsstunde von NO TE VA GUSTAR geht zurück bis ins Jahr 1994, als die Mitglieder alle um die 16 Jahre alt waren. Am Anfang waren sie ein Rock’n’Roll Trio in klassischer Besetzung Gitarre, Bass und Schlagzeug. Die Entwicklung hin zu ihrem eigenständigen Sound ging 1996, 97 erst so richtig los. Blasinstrumente und Perkussion wurden genauso eingebaut wie neue Rhythmen: Reggae, Candombe, Salsa und Ska.


Obwohl der Rock immer noch im Vordergrund stand, erweiterte sich dadurch das Spektrum der Band hörbar. Genau diese Fusion unterschiedlichster Einflüsse sollte eins DER charakteristischen Merkmale des NTVG-Sounds werden und bleiben.

Einen Namen hatten sie sich bereits erspielt und auch auf der Suche nach ihrem eigenen Sound waren sie bereits fündig geworden, als sie zwei der wichtigsten Nachwuchswettbewerbe Uruguays gewannen: 3rd Song Festival of Montevideo und “Comision de la Juventud of the IMM”. 1999 haben sie sich in den Clubs des Landes dann so richtig fest gespielt und u.a. ihre erste Tour durch die Universitäten gemacht. Unmittelbar nach dieser Tour begannen sie im Juli 1999 mit den Aufnahmen zu ihrem Debüt „Solo De Noche“. Als Produzenten konnten sie Juan Campodonico gewinnen, der zu dem Zeitpunkt Gitarrist bei Peyote Asesino war und bis heute Mitglied von Bajo Fondo Tango Club ist.

“Solo De Noche”, kam dann im Dezember 1999 in die Läden und wurde komplett Independent veröffentlicht. Im Sommer 2000 ging die Band auf einen lange Tour, auf der sieunter anderem in Punta del Diablo, Valizas, Cabo Polonio, La Pederera, La Paloma, Atlantida, El Pinar und Solymar Station machte. Erst im April 2000 wurde “Solo De Noche” in Montevideo offiziell auf der Bühne vorgestellt: Der Sala Zitarrosa in Montevideo war restlos ausverkauft und es wurde ein würdiger Startschuss!

Nach dieser Show beackerten sie noch das ganze Jahr über die Bühnen des kleinen Landes und spielten mit allerlei nationalen und lateinamerikanischen Bands zusammen: Paralamas, Los Pericos oder La Renga. Und dann ging’s das erste Mal nach Argentinien, Buenos Aires.

NTVG ackerten weiter und weiter und “Solo De Noche” verkaufte sich innerhalb etwas mehr als einem Jahr über 5.000 Mal. Man bedenke die Größe Uruguays, und schnell wird klar, dass das bisher noch keine Indie-Produktion geschafft hat! Nach dem Siegeszug schlossen sie sich das erste Halbjahr 2002 in den Proberaum ein und arbeiteten fieberhaft an ihrem zweiten Album. Für die Aufnahmen flogen sie nach Santiago de Chile und nahmen die Songs zu “Este Fuerte Viento Que Sopla” (Warner Chile/Bizarro Records) mit dem renommierten chilenischen Produzenten Mariano Perez auf. Veröffentlicht wurde das Album am 12. Oktober und Release-Show im ausverkauften Teatro de Verano in Montevideo machte allen Lust auf mehr, also tourten sie wiederum erfolgreich.

Seit der Veröffentlichung der zweiten Scheibe waren sie zu einer der Speerspitzen des uruguayischen Rock geworden und füllten große Venues landauf, landab – die Tour gipfelte vor 15.000 Zuschauern im Parque Rodo. Nachdem sie die größten und wichtigsten Läden des Landes regelmäßig zum Kochen brachten, erreichten sie mit “Este Fuerte Viento Que Sopla” in nur sechs Monaten Gold!

Wie immer drehte sich auch 2003 alles ums Touren. So ganz nebenbei brachte ihnen “Este Fuerte Viento Que Sopla” auch noch Platin ein und die Scheibe ging stetig wie geschnitten Brot über den Ladentisch. Im September spielten sie im Rahmen der “Caminos Verdes” im Teatro de Verano und es war das erste mal, dass die 5.000 Karten schon vor dem offiziellen Vorverkaufsstart vergriffen waren! Ende Oktober spielten sie das erstmals vor 28.000 Zuschauern auf dem Pilsen Rock Festival in Durazno – wo andere Größen wie La Renga, Sórdromo oder Vinilo ebenfalls zu Gast waren.

Im September 2003 wurde “Este Fuerte Viento Que Sopla” in Argentinien veröffentlicht und ihr edürft raten – richtig, die Fans und Kritiker haben sie richtig gefeiert (“Having gone through style and reaching their utmost Uruguayan stamina, the new rock sensations travel across the river holding high up their ID. And indeed they do it well.” Los Inrockuptibles, April 2004).

Im Dezember 2003 wendete sich der Erfolg aber fast gegen sie: Den Auftritt beim La Fiesta Final wollten mehr als 40.000 Zuschauer miterleben, was alle Erwartungen und Planungen bei weitem übertraf. Die Band und die Veranstalter entschlossen sich, den Auftritt abzusagen, weil sie Schlimmeres befürchten mussten. Die Zuschauer waren zwar dementsprechend sauer, traurig und enttäuscht, aber die Entscheidung stellte einen für alle Beteiligten glimpflichen Ausgang des Festivals sicher!

Das Jahr 2004 begann mit einer Tour entlang der argentinischen Küste, wo sie mit Bands wie La Zurda oder La Bersuit die Bühnen teilten. Im Februar spielten sie das Festival Cosquin Rock, wo mit Spinetta, Leon Gieco und den Los Piojos viele Größen aufspielten.

NTVG haben nie aufgehört sich die Finger wund zu spielen. Mittlerweile ist mit „Aunque Cueste Ver El Sol“ der dritte Streich aufgenommen und veröffentlicht, “Este Fuerte Viento Que Sopla” ist auf dem Weg ein zweites Mal Platin zu ergattern und die Band ist gerade auf dem Weg nach Europa. Man darf gespannt sein!

 

Verfasser/In: ?
Das gefällt mir! Weiter-tweeten

Apparently, making fun of black fat women is wrong. Making fun of fat white guys is right."

Über „Marcelinho“ und die Geschichte eines Tanzbären

Nichtsahnend ließen wir uns zu einer dreiwöchigen Chinatour breitschlagen...

Nothing but a dream...

"Es gab einige Konflikte, aber es waren zu viele und wir waren zu benebelt, um alle aufzuzählen.“

"Eigentlich haben wir uns aber erst mal mehr mit Lärmschutzmatten geprügelt und uns in Kühlschränken durch den Keller gefetzt, als Musik zu machen."
Rock Classics
Facebook Twitter