Ein Film, der klar an seinem Zielpublikum vorbeispielt und überhaupt nicht weiß, worauf er eigentlich hinaus will.
Ein alter Mann mit fahlem Gesicht bricht in einem Kaufhaus zusammen, aber keiner schert sich darum. Lediglich eine Putzkolonne kümmert sich um die Leiche des Mannes und dann geht der Alltag in der kalten Großstadt auch schon weiter. Hört sich bisher nach einer klassischen Arthouse-Studie über "das Sterben zwischenmenschlicher Wärme in unserer heutigen Gesellschaft" an, doch plötzlich schwenkt der Blick auf die hinterbliebene Frau und ihre drei jugendlichen Kinder und es stellt sich heraus, dass es sich bei der Familie um Kannibalen handelt, die jetzt ohne ihren Altvorderen zu Recht und natürlich auch Nahrung kommen muss.
Regisseur und Screenplay Schreiber Jorge Michel Grau heimste für sein Debüt einiges an Lob und Anerkennung ein. Verdientermaßen, für viele Fans des "besonderen Films", völlig ungerechtfertigt aber für Horrorfans. Denn genau das ist "Somos lo que hay", wie der Film im spanischen Original heißt, absolut nicht – ein Horrorfilm! Dabei wird er als genau das verkauft, lautet der Untertitel zum Film doch "Young. Wild. Hungry” und der besonders unsinnige Spoiler "Does for Cannibals what ‚Let the right one in‛ did for vampires". Doch was man geliefert bekommt ist eine ruhige, melancholische Milieustudie, wobei allerdings bis zuletzt die Frage bestehen bleibt: Welches Milieu eigentlich? Möchte der Regisseur nun eher auf die ärmlichen Verhältnisse oder die schwierige Beziehung der Mutter zu ihren Kindern hinweisen oder ist die Aussage des Films schlicht weg: "Auch Kannibalen haben es schwer im Leben?"
Ein weiterer Störfaktor sind die vielen fehlenden Antworten auf die vielen Fragen, welche die Handlung aufwirft. Das unheimlich wichtige "Ritual", das die Familie offensichtlich ganz dringend durchführen muss, wird zwar stetig erwähnt aber nicht näher erklärt. Ebenso der unbändige Hass der Mutter auf Prostituierte oder woran der Vater denn nun eigentlich gestorben ist, bleibt ungeklärt. Doch auch wenn der Zuschauer dem Film die Plotlöcher, die zähe Erzählweise, die fehlende Pointe oder auch nur den dummen Untertitel verzeihen könnte, bleibt doch immer noch das Problem der Spannungsfreiheit. Für Horrorfans ist es schier eine Qual, der dahin tümpelnden Geschichte zuzusehen, stets in der Hoffnung jetzt gleich ein paar gruselige Schockeffekte serviert zu bekommen und nach schier endlosen 90 Filmminuten eiskalt enttäuscht zu werden. Aber auch für all diejenigen die sich ein tiefsinniges Familiendrama mit Herz und Verstand wünschen, werden hier bitter enttäuscht. Bleibt also die Frage: Wir sind was wir sind... aber wen interessiert’s?
# # # Maria Capek # # #