Schon ein Vergleich zwischen der Rückseite des vorliegenden Bands und seinem tatsächlichen Inhalt könnte glatt die Verschwörungstheorie entstehen lassen, warum uns Splitter die beiden US-Ausgaben 6 und 7 von "The Department Truth" vorenthält, obwohl diese laut den Angaben eigentlich abgedruckt sein sollten. Sind hier gar düstere Machenschaften made in Bielefeld am Werk? Könnten die beiden ausgelassenen Kapitel gar das Weltbild der Leserschaft so sehr ins Wanken bringen wie jenes von Cole Turner, dem neuesten Mitarbeiter der titelgebenden Behörde? Mitnichten, es darf Entwarnung gegeben und von einem schlichten Fauxpas ausgegangen werden, der dem Verlagsteam unterlaufen ist – außerdem finden sich die besagten Hefte, bei denen diverse Kreative für Zeichner Martin Simmonds eingesprungen sind, dann einfach im dritten Band.
Problem gelöst! So einfach hat es der Protagonist nicht, der immer mehr und damit auch immer beunruhigendere Einblicke in die Tätigkeiten seines aktuellen Arbeitgebers bekommt. Überdies ist sein Engagement der gegnerischen Organisation Black Hat nicht verborgen geblieben, doch zuerst steht ein Treffen mit einem Herrn auf dem Programm, der eine auffällige Kappe trägt und sich als Hawk Harrison vorstellt. Turner bekommt von ihm eine veritable Geschichtsstunde über das Zustandekommen von Verschwörungstheorien und den Mechanismen dahinter verpasst, wobei von Freimauern über Reptiloiden bis hin zu Kryptozoologie so ziemlich alles abgedeckt wird, was konspirativen Geistern feuchte (Alb)Träume beschert. Noch weiß er jedoch nicht, dass ihn sein Gegenüber bereits seit langem kennt und nicht nur bestens über sein Kindheitstrauma Bescheid weiß.
Getragen von Martin Simmonds` einzigartigen Bildern, die schon für sich alleine stehend die Synapsen zu sprengen drohen, setzt James Tynion IV. seinen Parforceritt über die realen Gefahren fiktiver Ideen beeindruckend fort und widmet sich ganz dem, was Lügen, die oft genug geglaubt werden, mit uns machen. Doch das ist noch längst nicht alles, was das brillante Storytelling diesmal bereithält, das es im Bigfoot & Co. gewidmeten Zweiteiler "Ein Jagdtagebuch" auf berührende Art und Weise schafft, die Gedankengänge eines "Gläubigen" bis hin zur Zerrüttung nicht nur einer Generation einer Familie zu schildern. Alle Versprechungen, die der
Auftakt gemacht hat, werden mehr als eingelöst, die Fortsetzung mit einem erneuten Sprung in den konspirativen Kaninchenbau kann also nicht schnell genug erscheinen.