Allerspätestens jetzt wird die Sache für Cole Turner persönlich – und noch irrsinniger ohnehin.
"Keiner weiß mehr irgendwas. Ihre Generation ist die dümmste, die mir je untergekommen ist. Alles Wissen ist nur einen Klick entfernt, also hat keiner von Ihnen Ahnung von Geschichte." Lee Harvey Oswald
Fernab jeglicher Spoilergefahr sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich beim vorliegenden vierten Sammelband des konspirativen Katz-und-Maus-Spiels von James Tynion IV und Martin Simmonds nicht um den finalen handelt, aber zumindest den letzten, den wir wohl für eine längere Zeit zu Gesicht bekommen werden. Enthalten sind diesmal die US-Ausgaben 18-22 und somit das aktuellste Material, das bis dato vorliegt. Da sich das kongeniale Kreativduo in den nächsten Monaten im Rahmen der bei Robert Kirkmans Image-Imprint Skybound erscheinenden Miniserie "Universal Monsters: Dracula" einer ganz anderen, nämlich klassischen Spielwiese des Horrors widmet, legt "The Department of Truth" vorläufig eine Pause ein.
Das ist einerseits aufgrund der überragenden Qualität der Handlung besonders bitter und andererseits, weil sie mit einem fiesen Cliffhanger endet. Selbiger wiederum hat damit zu tun, dass sich die Übel, denen sich Cole Turner im Job ausgesetzt sieht, noch mehr in sein Privatleben einschleichen und nun auch der eigene, ausgerechnet bei einer Zeitung arbeitende Ehemann in den Kampf zwischen Black Hat und dem Department of Truth hineingezogen wird. Dem Vermächtnis von dessen sowjetischem Pendant, das Lee Harvey Oswald mit dem Untergang der UdSSR niedergerungen glaubte, kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Während der Leiter des Departments erkennen muss, dass mit dem vermeintlichen Sieg der Vereinigten Staaten im Kalten Krieg nicht das Ende der Geschichte(n) erfolgte und offenbar der Keim für das mögliche Ende aller Gewissheiten, die die Gesellschaft zusammenhalten, gelegt wurde, stellt sich für Turner die Frage der Loyalität – weniger im Hinblick auf Black Hat, sondern bezüglich seines Partners, der nun selbst in den Verschwörungsmalstrom gerät. Jede Seite ein neuer grafischer (Alb)Traum von Martin Simmonds, jeder Satz von James Tynion IV eine Entscheidung zwischen Lüge und Wahrheit: Eine trefflichere Auseinandersetzung über die realen Konsequenzen, die fiktive und als echt verkaufte Erzählungen nach sich ziehen können, findet sich aktuell in der Neunten Kunst wohl nirgends.