Der drogenabhängige und unsympathische Ernie Ray Clementine ist alles, was die Welt vor einer Katastrophe phänomenalen Ausmaßes retten kann.
Ihn als Antihelden zu bezeichnen wäre untertrieben, und als ihm – während er sich auf offener Straße mit runtergelassenen Hosen sein Heroin aufkocht – unkontrolliert die Scheiße aus dem Arsch fliegt, hält man ihn wenig überraschend immer noch nicht für einen großen Wohltäter. Aber das Schicksal will es, dass er durch ein Injektionsmissverständnis zum absoluten Superspion wird.
Theoretisch zumindest, denn persönlich bleibt er derselbe abgefuckte und egoistische Motherfucker, der er immer war, nur dass das Schicksal der Welt nun in seinen Händen liegt. Ohne jegliche Ahnung um die eigene Bedeutsamkeit wird Ernie in den Kampf gegen die globale Terroristengruppe Scorpionus hineingezogen und so müssen nicht nur die SCORPIONS als Zielscheibe für seinen Unmut herhalten, sondern die gesamte Menschheit.
In grafischer, verbaler, sexueller und jeglicher anderer Hinsicht ins Extrem gesteigert, versucht Autor Rick Remender vordergründig einen Antihelden zu zeichnen, aber letztlich gelingt es ihm durch das Übermaß an Explizität lediglich zu amüsieren, ohne seinem Protagonisten auch nur einen einzigen glaubhaften, positiven Charakterzug angedeihen zu lassen. Das mag aufgrund der Junkienatur Ernies zwar Absicht sein, was es dem Leser aber nicht einfacher macht, den Drecksack in all seiner absoluten Dummheit zu ertragen. So muss man Remender zu einem gelungenen Schachzug gratulieren, mehr Spaß hat man beim Lesen des Auftaktbands "Kokainfinger" trotzdem nicht, was aber nicht an der grundsätzlich originellen Story liegt, sondern lediglich an der Unerträglichkeit des Protagonisten.
Von Lewis Larosa über Andrew Robinson, Eric Powell und Roland Boschi bis hin zu Wes Craig wurde jedes Kapitel von einem anderen Künstler ästhetisch in Szene gesetzt – und wenn schon nicht der lediglich in seiner politischen Grundeinstellung sympathisch erscheinende Antiheld für Abwechslung sorgt, so tun es zumindest die fünf unterschiedlichen Zeichner.