16.01.2016
Hamburg, Hafenklang
Samstagabend, Hafenklänge im Hamburger Hafenklang: ERIK COHEN stellt seine neue Platte vor, ein angenehm bunt gemischtes Publikum ist gekommen, ihm zu lauschen. Der Kieler Nordmann entert die Bühne pünktlich und macht Hamburg gleich zu seinem Wohnzimmer. SMOKE BLOW-Schreihals und -Gallionsfigur Letten alias Erik bedient gewohnt souverän die groovende Meute, die bei den Tracks seines Solo-Debüts textsicher wie die Wellen einer rauen See im Takt wiegt.
Letten als "Dirigent in Blau", das passt. Überraschend selten blitzt hier der wütende Biss von SMOKE BLOW durch, wohl auch weil die räudig-bellende Zweitstimme fehlt. Spätestens mit seiner zweiten LP hat ERIK COHEN sich in eine völlig eigene Liga emanzipiert: Seine verführerische Melange aus doomigem Pop-Rock irgendwo zwischen THE CULT, SISTERS OF MERCY und ALICE IN CHAINS, immer garniert mit staubigen Gitarren und deutschem Text zum Nachdenken und Mitsingen, zündet live gewaltig. Die Songs von der just erschienen Langrille "Weißes Rauschen" fügen sich nahtlos an die Tracks des Erstlings. Erik, heute in weißblauem Matrosenzwirn gewandet, lässt keinen Zweifel daran, dass er einer der besten Fronter der deutschen Musiklandschaft ist.
Der Kapitän geht auf Tuchfühlung mit den ersten Reihen, frische Tracks wie "Deine Dämonen", "Schattenland" und die Single "Hier Ist Nicht Hollywood" holen die musikalischen Einflüsse fast mit auf die Bühne: SISTERS OF MERCY meets DANZIG, immer wieder BILLY IDOL. Bei den Country-Gitarren von "Herzschlag" gesellt sich sogar JOHNNY CASH kurz dazu, bevor auch der güldene JOACHIM WITT im schon obligatorischen NDW-Coversong noch kurz den Reiter gibt. Unterm Strich eine einzigartige Stilmischung, die das Genre auf Nachfrage interessierter Kollegen schwer zu verorten macht. "Maritim-melancholischer 1980er Jahre Düster-Deutschrock"? Auf jeden Fall ist es arschgeil!
Mit tanzbarem Rock'n'Roll geht es in den Endspurt: Man spart sich die Zugaberufe und startet mit "Kosmonaut" und "Gutes Gefühl" gleich durch. Stichwort "Value for money": Das feste Set ist nach gut 80 Minuten durch, auf Zuruf gibt es als Rausschmeißer dann aber nochmal die Reprise von "Hollywood" und der bittersüßen "Nordische Morgenstimmung nach dem Saufen"-Nummer "Dirigent". Eine reine Hymne, das Ding könnte Kiels "Bochum" werden.
Wieder einmal großes Kino, das Lust auf noch viel Meer macht. Erik, komm bald wieder!
# # # Text & Fotos: Thore Vollert # # #
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