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Mini-Dudefest 1

01.04.2016
Jubez, Karlsruhe

Das alljährlich stattfindende Dudefest ist längst Tradition. Die Veranstalter, die mit ihrem Line-up eine Adaption des Kultfestivals Roadburn im niederländischen Tilburg auf die Beine stellen, buchen alljährlich exquisite Namen aus Post-Hardcore, Black Metal, Sludge, Doom oder Post-Rock ins Jubez nach Karlsruhe. 2016 erhält die Reihe gleich zwei Editionen. Bevor am 20.04.2016 THE BODY, FULL OF HELL, USNEA und INVERLOCH die Hölle auf Erden lostreten, durfte bereits am 01.04.2016 die Crème de la Crème des Genres für Entzückung sorgen. Mit dem illustren Package aus DEAFHEAVEN, MYRKUR, TESA und CROWN hat man für jeden Geschmack eine glorreiche Wundertüte geschnürt, erhält an diesem Abend aber Auftritte unterschiedlicher Qualität jenseits von Gut und Böse.


Auf der kleinen Bühne im Foyer startet das Trio TESA aus Riga seinen apokalyptischen Noise-Rock, der als Anheizer bestens funktioniert. Erfrischende Kracheskapaden für ein bärtiges Publikum in Schwarz, welches hier von einer Band beeindruckt wird, die in ihrer Performance vollkommen in Ekstase aufgeht. Ein furioser Opener. Die Jungs sollte man in Blick behalten.


Mit gemischten Gefühlen betrachtet man im Anschluss den Industrial-Drone-Core von CROWN, einer elsässischen Formation aus dem hübschen Fachwerkstädtchen Colmar. Drei Gitarren, eine Drum Machine, fragwürdige Songstrukturen. Das mag bei manch einem unter Prog einsortiert werden – live kommt die dröhnende Wall of Noise an diesem Abend nicht wirklich überzeugend daher. Die eingefleischten GODFLESH-Fans erinnern mit ihrem Sound an eine Mischung aus NEUROSIS, SWITCHBLADE oder CORRECTIONS HOUSE, ohne das Niveau ihrer Vorbilder auch nur ansatzweise zu erreichen. Ob die dritte Gitarre nun wirklich notwendig ist, die eigentlich die fehlende Bassbegleitung ersetzt, sei dahingestellt. Das nicht vorhandene Schlagzeug ist bei dieser Art von Musik allerdings ein klares Manko. Auch die fragmentarischen Elektronikpassagen in den Songs dürfen zwar als nettes Gimmick herhalten, machen die Franzosen an diesem Abend aber eher zu ehrenamtlichen Sympathieträgern als zu Rettern eines stagnierenden Musikgenres.

 
(C) Dennis Knop Fotografie / MYRKUR / Zum Vergrößern auf das Bild klicken(C) Dennis Knop Fotografie / MYRKUR / Zum Vergrößern auf das Bild klicken
(C) Dennis Knop Fotografie / MYRKUR / Zum Vergrößern auf das Bild klicken(C) Dennis Knop Fotografie / MYRKUR / Zum Vergrößern auf das Bild klicken

MYRKUR


Der wahre Aprilscherz des Abends folgt im Anschluss auf der Hauptbühne mit MYRKUR. Wieder einmal darf dem Musikjournalismus-Credo "Don't believe the hype" zugestimmt werden. Die junge Dänin Amalie Bruun hat mit ihrem märchenhaften Aufstieg als Gallionsfigur des weiblichen Black Metal bereits Titelseiten und Reportagen in Feuilleton und Fachpresse erhalten – nur wenige Medien haben sich aber an einen Verriss des unterdurchschnittlichen Debüts "M" getraut. Bei der seelenlosen, halbgaren Live-Show der Protagonistin, inklusiver muskelbepackter Bühnenbegleiter mit liebloser Dreck-Gesichtsverzierung, wurde nur deutlich, dass in dieser Formation weder eine interne Bandchemie noch der Wille zur Authentizität herrscht. Wenn in der Metal-Fachpresse von einer "erfrischenden Newcomerin" oder "einer vielseitig talentierten jungen Frau" die Rede ist, muss der Rezensent die Nase rümpfen. Quotenbonus als Frau? Attraktivität vor Qualität? Die an diesem Abend lieblos aneinandergereihten Stücke erfüllen sicher nicht die Erwartung des neugierigen Publikums. Ohne Zweifel beherrscht Bruun die Live-Darbietung als Hexe und Engel in einer Person gleichzeitig, spielt ihre wunderbaren EVANESCENCE-Balladen auf ihrem Keyboard und beeindruckt mit engelsgleicher Stimme und fragilem Erscheinungsbild. Die lustlos eingeworfenen Schreie, die lieblosen Gitarrenriffs auf Kellerband-Niveau offenbaren hingegen ein Bild einer weder mysteriösen noch charismatischen Frontsängerin, bei der man sich allen Ernstes fragt, warum sie sich für Black Metal als dargebotenen Musikstil entschieden hat, obwohl sie doch augenscheinlich viel lieber melancholische Popballaden im ENYA-Stil trällern möchte. Möglicherweise entschuldigend muss erwähnt werden, dass es sich um das Abschlusskonzert ihrer Europa-Tour handelte. Die Band erntet nach einer knapp 40-minütigen Show Ehrenapplaus, die zu erwartende Schlange am Merchstand bleibt hingegen aus.
 
 
(C) Dennis Knop Fotografie / DEAFHEAVEN / Zum Vergrößern auf das Bild klicken(C) Dennis Knop Fotografie / DEAFHEAVEN / Zum Vergrößern auf das Bild klicken
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DEAFHEAVEN


Wie man es richtig macht, zeigen die fünf Amis von DEAFHEAVEN als Headliner des Abends. Spielfreudig – wenn auch sichtlich müde und erschöpft von den fünfwöchigen Tour-Strapazen – liefern sie ihren Anhängern ein dankbares Set aus ihren drei Alben. Im Fokus stehen die neuen Songs vom aktuellen Album "New Bermuda", aber auch die offensichtlichen Hits vom Dauerbrenner "Sunbather" oder dem grandiosen "Roads To Judah". Frontschwein George Clarke (heute mal ohne Springerstiefel und strenger 1920er Jahre-Frisur, dafür mit etwas mehr Speck auf den Rippen) keucht und ächzt, liebt die Theatralik, tanzt, schwitzt und fungiert als Dirigent seiner Postrock-Black-Metal-Opera. Immer wieder heizt er das Publikum an, bedankt sich brav bei Vorbands und Veranstaltern und liefert sowohl ein stimmiges wie sympathisches Bild seiner Black Metal-Rasselbande für Studenten und Akademiker. Eingegroovet und tight fungiert auch das Gitarrenduo Kerry McCoy und Shiv Mehra. Sympathiebonus für den völlig wahnsinnigen Schlagzeuger Dan Tracy, der in Hypergeschwindigkeit seine Toms und Snare malträtiert. Ein knapp einstündiges Set mit zwei Zugaben machen DEAFHEAVEN zum Gewinner des Abends. Ihre vielschichtigen Songs aus Post-Rock, Black Metal und neuerdings Post-Punk-Elementen kommen beim dankbaren Publikum an. Es bleibt dieser nerdigen Combo nur zu wünschen, dass sie das dargebotene Energielevel auf zukünftigen Shows weiterhin aufrechterhalten kann.


 
# # # Text: Dimitrios Charistes, Fotos:  Dennis Knop Fotografie # # #


 
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