John Cain übernimmt die Ermittlungen an einem Fall, der sein ohnehin schon fragiles Nervenkostüm endgültig zu zerbrechen droht.
Jacen Burrows ist den meisten Comic-Aficionados hierzulande wohl vor allem durch seine Mitarbeit an den in den USA bei Avatar erschienenen Titeln "Crossed",
"Chronicles of Wormwood", "Neonomicon" und
"Providence" bekannt. Auch für Szenarios von Warren Ellis hat der Amerikaner schon den Zeichenstift geschwungen, wobei nur kurz nach dem von ihm illustrierten
"Simon Spector"-Oneshot für das fiktive Apparat-Label nun auch eine weitere Zusammenarbeit der beiden in Form des ursprünglich 2002/03 veröffentlichten Sechsteilers "Scars" vom sympathischen Ein-Mann-Verlag Josua "Josch" Dantes vorgelegt worden ist. Den Vermerk "Empfohlen ab 18!" sollten sensible Gemüter ob der darin geschilderten Prämisse durchaus ernstnehmen.
Auch John Cain nimmt seinen Job ernst. Der Cop lässt sich auf keine halben Sachen ein und schlägt notfalls schon mal einen Polizeikollegen, um seiner kompromisslosen Auffassung der Tätigkeit zum Wohle der Mitbürger Ausdruck zu verleihen. Das schmeckt seinen Vorgesetzten natürlich gar nicht, denen er es schwermacht, ihn aufgrund der psychischen Belastung durch den tragischen Tod seiner schwangeren Frau mit Samthandschuhen anzufassen. Als er den trauernden Eltern eines Kindes, das entführt, über drei Monate hinweg grausam gefoltert und schließlich verstümmelt in mehreren Kartons abgelegt wurde, verspricht, den Täter zur Strecke zu bringen, kommt er an die Grenzen nicht nur dessen, was er vertragen kann, sondern auch an jene zur Selbstjustiz.
Das solide Artwork von Jacen Burrows ist in schlichten Grautönen gehalten, was die vom britischen Autor betriebene Schwarzweiß-Malerei hinsichtlich der klar definierten Rolle von Guten und Bösen auch optisch passend reflektiert. Es ist weniger der immer wieder gern bemühte Cop mit dramatischer Vergangenheit und Hang zur Selbstzerstörung, der die Erzählung lesenswert macht, sondern vielmehr der Charakter als Verfallsstudie einer Person. Warren Ellis zeigt, wie schnell die Fassade des Normalen angesichts von echtem Horror bar jeder Menschlichkeit abbröckeln kann, enttäuscht mit dem Finale aber – so viel sei verraten – letztlich all jene, die auf eine bloße Rachefantasie aus sind. Einfache Antworten hält schließlich auch das Leben nicht bereit…