Der große Führer der Arbeiterklasse ist noch nicht einmal tot, da beginnt schon das Gerangel um seine Nachfolge.

Am 5. März 1953 geriet die kommunistische Welt für kurze Zeit ins Wanken, als der Tod des obersten Führers der Sowjetunion, Josef Wissarionowitsch Stalin, offiziell verlautbart wurde. Die Einen, die ihre Liebsten durch den Terror auf Geheiß des paranoiden Generalsekretärs der KPdSU verloren hatten oder selbst im Gefängnis – oder noch schlimmer im Gulag – gelandet waren, wagten es erstmals seit langem, etwas aufzuatmen, während für die Anderen die rote Sonne über dem Paradies der Werktätigen vom Himmel fiel. Die tatsächliche Geschichte hinter dem Ableben des Despoten ist allerdings eine, die der anschließend verordneten staatlichen Trauer mehr als nur zuwiderläuft.
Szenarist Fabien Nury und Zeichner Thierry Robin wollen diese in ihrer im französischen Original in zwei Bänden 2010 und 2012 erschienenen Erzählung "La Mort de Staline" keineswegs den historischen Tatsachen entsprechend rekonstruieren, sondern erlauben sich diverse Freiheiten, die den bizarren Charakter des Intrigenspiels zwischen den maßgeblichen Protagonisten des Politbüros besonders betonen. Da ist einerseits Beria, der seine vorbereiteten Pläne endlich zur Umsetzung bringt, obwohl Stalin die fatale und zunächst unbehandelte Hirnblutung möglicherweise überleben könnte, und andererseits Chruschtschow, der sich ebenfalls Hoffnungen auf die Nachfolge macht und Verbündete um sich schart.
Die Atmosphäre, die in diesen historisch bedeutsamen Tagen im Kreml geherrscht haben muss, wird nie völlig objektiv dargestellt werden können, aber gerade deshalb vermag diese Vorlage zum gleichnamigen Kinofilm als fiktiver Tatsachenbericht zu punkten – stets pendelnd zwischen geradezu lächerlich exekutierter Linientreue und Kadavergehorsam einerseits und der Angst um die eigene Zukunft andererseits angesichts der jahrelang von Stalin ausgeübten schieren Leichtigkeit, Menschen per Unterschrift in den Tod zu schicken. "The Death of Stalin" lässt das Lachen grandios mitunter im Halse steckenbleiben, so obskur scheinen die Ereignisse (über)zeichnet, aber was bleibt einem angesichts der monströsen Natur (nicht nur) des Verblichenen auch anderes übrig?