Warum immer nur an öden Ratten knabbern, wenn Menschen doch viel besser schmecken? Pech nur, wenn sich diese wehren!
In den letzten Jahren hat sich Splitter im Grunde zum deutschsprachigen Stammverlag von Jeff Lemire entwickelt, wofür unter anderem das fleißig gewachsene und allmählich seinem großen (vorläufigen?) Finale zusteuernde
"Hammerverse" sorgt. Ebenfalls bei den Bielefeldern beheimatet sind die beiden miteinander verbundenen Geschichtenzyklen
"Descender" und
"Ascender", die in Zusammenarbeit mit dem kongenialen Zeichner Dustin Nguyen entstanden. Es stellt also keine allzu große Überraschung dar, dass sich auch die neueste Kooperation dieses dynamischen Duos des US-Comics im Verlagsprogramm wiederfindet, wobei "Little Monsters" mit zwölf Kapiteln vergleichsweise überschaubar ausfällt.
Das muss a priori natürlich nichts über die Qualität aussagen – und tut es auch nicht, denn die erste Hälfte macht passend zur vampirischen Thematik ordentlich Lust darauf, sich auch in den hoffentlich bald nachgereichten Abschluss zu verbeißen. Dafür sorgt das plötzliche Auftauchen eines Fremden, das den langweiligen postapokalyptischen Alltag mehrerer Kinder ordentlich durcheinanderbringt. Billy und seine Freunde sind schon mehrere Jahrhunderte alt und haben fast schon vergessen, dass sie von ihren älteren Begleitern in einer Stadt zurückgelassen wurden, die außer Ratten zum Essen und den stets gleichen Spielen als Zeitvertreib nichts zu bieten hat.
Einmal auf den Geschmack des süßen Nektars gekommen, der durch die Adern eines Menschen fließt, ist plötzliche alle Vorsicht vergessen und sozusagen alles für ein womöglich schnelles Ende des ewig scheinenden Lebens angerichtet. Dustin Nguyen hat diesmal die Wasserfarben zur Seite gelegt und setzt Jeff Lemires schnörkellos inszenierte Story über den gefährlichen Gegensatz zwischen der trägen Sicherheit der Routine und dem Reiz am Unbekannten in stilvollen Grautönen in Szene, die lediglich hie und da vom roten Lebenssaft (und Tomies quer über die Stadt verteilten Kritzeleien) durchbrochen werden. "Little Monsters" macht es jedenfalls verdammt schwer, Sympathie für die meisten seiner in kindlicher Unschuld gefangenen Protagonisten aufkommen zu lassen, was klar für die Story spricht. Mjam!