Die Fortsetzung von "Descender" dreht den Spieß um und stellt statt der Technik die Magie in den Mittelpunkt einer ganz und gar nicht schönen neuen Welt.
Wenn wir einmal von Superhelden absehen, vergehen im Comic zehn Jahre meistens schneller als in der realen Zeit. Das ist auch gut so, denn sonst hätten wir verdammt lange auf die Fortsetzung von "Descender" warten müssen, die nur wenige Monate nach deren
Abschluss auch hierzulande vorliegt. Darin präsentiert das dynamische Kreativduo aus Autor Jeff Lemire und Illustratur Dustin Nguyen zwar ein um 180 Grad gedrehtes Szenario, was die Rolle von Robotern darstellt, liefert gleichzeitig aber auch viele Anknüpfungspunkte, was bekannte Charaktere betrifft. Nicht mehr Technik, sondern Magie ist das Ding der Stunde, und die Tage der wenigen noch verbliebenen UGC-Rebellen samt ihrer Raumschiffe und Waffen scheinen gezählt.
Maschinen sind in der Welt, wie sich in "Ascender" darstellt, nämlich gar nicht gerne gesehen und werden von der scheinbar omnipräsenten Mutter und ihren vampirischen Untergebenen allerorten zur Strecke gebracht. Kopfzerbrechen bereitet der unfreundlichen Dame lediglich eine Prophezeiung, nach der ihr ein "Hund mit Rückwärtszunge" zum Verhängnis werden könnte. Der taucht plötzlich auf dem Planeten Sampson auf, ist ein Roboter namens Bandit und nicht nur ein alter Bekannter geneigter "Descender"-Leser, sondern auch von Andy. Er hat mittlerweile eine eigenwillige Tochter namens Mila und muss sich schleunigst aus dem Staub machen, als der vierbeinige Kumpel mit der bekanntlich limitierten Sprachausgabe die Aufmerksamkeit der Ohren und Augen von Mutter erregt. Hilfe könnte von Telsa kommen, doch die ist möglicherweise weder Willens noch alkoholbedingt in der Lage, diese zu leisten…
Im Gegensatz zu Bandits bisher unbekannten Fähigkeiten dürfte es keine allzu große Überraschung sein, dass "Ascender" den von der Vorgängerserie eingeschlagenen Weg in qualitativer Hinsicht konsequent weitergeht. Das von Science-Fiction auf Fantasy umgeschwenkte Setting ist nur oberflächlich ein anderes, denn was sowohl die Verbindung zu "Descender" in inhaltlicher Weise herstellt als auch dessen Kernkompetenz fortführt, sind die Figuren und ihre nur allzu menschlichen Grundzüge – und die schimmern sowohl durch den kalten Stahl eines Roboters als auch die fahle Haut eines Blutsaugers. Dustin Nguyen gießt die unfreiwillige Reise, in die Jeff Lemire die junge Mila versetzt, einmal mehr in fantastische Bilder, die von süßen, fuchsartigen Tierchen bis hin zu einer fliegenden Riesenschildkröte alles umfassen, was das Auge erfreut. Klare Sache: Alle vorhandenen Daumen hoch!