Uralte Götter mit bösen Absichten sollte man besser in Ruhe lassen… selbst wenn man im modernsten U-Boot der Navy seinen Dienst versieht.
Kenner des Portfolios von Splitter sollten eigentlich schon zwangsläufig über die Namen Xavier Dorison und Christophe Bec gestoßen sein, schließlich sind die beiden Comic-Kreativkräfte darin prominent vertreten. 2010 stellten die Bielefelder ihre Gemeinschaftsarbeit "Sanctuaire" in die heimischen Regale, nachdem Arboris der Leserschaft mit seiner Veröffentlichung von 2004-2006 den Abschluss der dreibändigen Story schuldig geblieben war. Da zehn Jahre bekanntlich eine lange Zeit sind und sich aktuell auch ein rundes Jubiläum wunderbar anbietet, wurde "Heiligtum" jetzt in einer extradicken Gesamtausgabe neu aufgelegt und um zahlreiche Bonusseiten mit Einblicken in den Entstehungsprozess, nicht verwendeten Skizzen und diversen Illustrationen ergänzt.
Wer sich die Einzelbände damals nicht besorgt hat oder es einfach noch einen Tick edler haben will, kann somit bedenkenlos zugreifen, denn an der Qualität der Erzählung selbst hat sich nichts geändert. Diese verquickt nautischen Horror im Stile von "The Abyss" mit einem uralten göttlichen Übel, an dessen sich höchstens ein Indiana Jones nicht die Archäologenfinger verbrannt hätte. So sind es aber die Nazis und nach ihrer Niederlage die Sowjets, die sich einst von einer unterirdischen Anlage in der syrischen Wüste mächtige Waffen im Kampf um die Weltherrschaft versprachen und entsprechende Expeditionen anstrengten. Tödliche Aktualität erhalten die letztlich 7000 Jahre in die Vergangenheit zurückreichenden Ereignisse mit einer Fahrt eines U-Boots. Die USS Nebraska, ihres Zeichens eines der modernsten Schiffe in der Flotte der US-Navy, stößt 2029 auf ein seltsames Signal in der Tiefe, dem es natürlich nachzugehen gilt.
Das Wrack eines sowjetischen Unterseeboots aus den späten 1950ern ist als Warnung offenbar nicht überzeugend genug, denn Kommandant Hamish lässt eine Erkundungscrew in die riesige Tempelanlage vordringen, die man entdeckt hat. Da die Männer von dort nicht zurückkehren, wird eine Rettungsmission gestartet, während Halluzinationen und Krankheiten wie die Pest die Besatzung befallen. Nun stellt sich die Frage, ob die Entzifferung uralter Schriften rechtzeitig verwertbare Ergebnisse bringt, bevor die Nebraska zum stählernen Sarg wird. Horrorfans können sich hingegen be(un)ruhigt zurücklehnen, denn "Heiligtum" mit dem souveränen Strich von Christophe Bec und der tollen Farbgebung von Homer Reyes bleibt bis zum Schluss spannend. Tipp: Reinziehen und dann gleich weiter mit dem zweibändigen Prequel "Heiligtum Genesis".