Jessica Drew ist mächtig sauer auf die Skrulls. Da kommt das Angebot von SWORD, auf ihre Peiniger Jagd zu machen, gerade recht.
Nachdem Mark Millar mit
"Civil War" einen auch außerhalb der Marvel-Kernleserschaft vielbeachteten und begeistert aufgenommenen Event-Klassiker hingelegt hatte, fiel Brian Michael Bendis mit
"Secret Invasion" die knifflige Aufgabe eines nicht minder pompösen Nachfolgers zu. Dies bewerkstelligte er zwar ohne die spürbaren politischen Untertöne, die sein schottischer Autorenkollege in seine Story einfließen ließ, schuf aber nichtsdestrotrotz einen sehr unterhaltsam und spannend inszenierten Blockbuster mit einer Extraportion Paranoia, wer denn nun von den außerirdischen Skrulls durch einen Doppelgänger ersetzen worden war und wer nicht. Beide Events können ebenso in der ersten Marvel-Sammelreihe nachgelesen werden wie die
Origin von Jessica Drew, die im vorliegenden Band einleitend nochmal zum Abdruck kommt.
Von ihrer ursprünglichen Herkunft als Kreation des High Evolutionary, die den Spinnenanteil ihres Namens Spider-Woman äußerst wörtlich nahm, hatte sich die gute Frau über die Jahre entfernt. Gleiches galt auch für ihre Rolle an zentralen Punkten der Marvel-Geschichte, doch Mr. Bendis zeigte ein Herz für sie und holte sie für seinen Rächer-Run ins Rampenlicht – und zwar so sehr, dass er sie im Vorfeld der Invasion von der Skrull-Königin Veranke höchstpersönlich ersetzen und zum Hassobjekt Nummer eins der Superhelden-Community werden ließ. Die siebenteilige "Spider-Woman"-Serie von 2009/10 führte ihr dadurch ordentlich problematisch gewordenes Leben fort.
Um ihre Rachegelüste zu nutzen, bietet ihr Abigail Brand an, in Diensten von SWORD, einer Art Weltraum-Pendant zu SHIELD, Jagd auf noch auf der Erde verbliebene Skrulls zu machen. Um mit Koru Kaviti einen der ranghöchsten Untergebenen von Veranke zur Strecke zu bringen, reist Jessica nach Madripoor, bekanntlich eine der Hochburgen des organisierten Verbrechens im Marvel-Universum. Dort schwingt Spider-Man unversehens durch ihr Hotelfenster, um als Skrull enttarnt und gekillt zu werden, doch auch die (selbstverständlich) korrupte örtliche Polizei und Madame Hydra (alias Viper) wollen ein Wörtchen mitreden, was die weitere Karriere der Spinnenfrau betrifft.
Die von Bendis selbst geschaffenen Voraussetzungen, um einen kathartischen Weg von Jessica Drew aus ihrem Traumata hin zu einer einigermaßen psychischen Gesundung zu schildern, werden leider nur halbherzig genutzt. Viel dazu trägt die betont jovial gehaltene Anrede des Lesers durch die Protagonistin bei, der zu der düsteren Prämisse (und dem über alle Kritik erhabenen Artwork von Alex Maleev) nicht so recht passen will. Die entscheidende Szene, in der die Story zünden könnte und Jessica ihre Motivation und den Preis der Gerechtigkeit zu hinterfragen beginnt, ist das Verhör eines Skrulls – und es kommt doch nur eine der üblichen Schlägereien heraus, die wie das unnötige Auftauchen der Thunderbolts und Avengers keinen erzählerischen Mehrwert bietet. Insgesamt okay, aber leider nicht der ganz große Wurf, den sich Spider-Woman damals verdient hätte.