Sowohl der Odinsohn als auch sein Vater sind fassungslos: Ausgerechnet eine Frau schwingt nun den ehrwürdigen Mjolnir!
Mit dem Crossover "The War of the Realms", das er orchestrierte, erreichte Jason Aaron 2019 ohne Frage den bisherigen Höhepunkt seiner Autorenschaft für Marvel. Bei der sechsteiligen Hauptserie, um die sich wie immer bei solchen verlagsweiten Events zahlreiche Tie-ins scharten, kam es auch zu einer erneuten Zusammenarbeit mit Zeichner Russell Dauterman, mit dem er 2014 eine neue monatliche "Thor"-Serie gestartet hatte. Der Aufhänger dafür war ebenso simpel wie er die Aufmerksamkeit der bekanntlich oftmals stockkonservativen Hardcore-Fans erregte: Der Odinsohn war, durch die (vorerst nicht enthüllten) Worte, die ihm Nick Fury am
Ende von "Original Sin" zugeflüstert hatte, unwürdig geworden, seinen getreuen Uru-Hammer Mjolnir zu tragen. Genauer gesagt hochzuheben, denn das gute Teil verweigerte ihm fortan den Dienst.
Eine niederschmetternde Angelegenheit für den selbstbewussten Asen, doch es kommt noch dicker: Plötzlich taucht eine weibliche Göttin des Donners auf, die im Gegensatz zu ihm in der Lage ist, den Hammer zu schwingen, und dies sogleich beweist im Kampf gegen die Eisriesen, die eine unterseeische Station des Roxxon-Konzerns angreifen. Dessen schmieriger Boss Dario Agger hat offenbar den Schädel von Laufey, dem verblichenen Herrscher von Jotunheim (und Lokis Vater), aufgespürt, an dem auch Dunkelelf Malekith großes Interesse zeigt. Die neue Thor wird somit in einen Kampf an mehreren Fronten verwickelt, denn neben den Bösewichten stellt sich ihr der kurz darauf noch dazu um einen Arm kürzer gemachte Odinsohn ebenso in den Weg wie Odin, der das Matriarchat seiner Frau während seiner Abwesenheit soeben beendet hat und außer sich ist über den Frevel.
Wer "War of the Realms" gelesen hat, findet in den ersten fünf hier abgedruckten Ausgaben von "Thor" (Vol. 4) bereits einige Fäden wieder, die Jason Aaron während seiner Autorenschaft für den Donnergott beständig knüpfte, etwa den bereits zuvor installierten Rat der Welten und vor allem den Beginn der unheilvollen Komplizenschaft von Dario Agger und Malekith. Abseits der Action, dem Machtkampf innerhalb Asgards und dem Rätsel um ihre Identität (Achtung: Spoiler auf den redaktionellen Infoseiten) ist die weibliche Thor aber auch ein treffsicher ausgeführter Schlag ins Gesicht von jeglichem Machismo – sei es vom Donnergott, dem beratungsresistenten Allvater oder eben der männlichen Kernleserschaft. Wesentlichen Anteil daran hat auch das anmutige Artwork von Russell Dauterman, das zugleich Stärke als auch Unsicherheit seiner Protagonistin widerspiegelt.