Viele Geheimnisse des Lebens liegen immer noch im Dunklen. Immer wieder gibt es mutige Männer und Frauen, die bereit sind, Antworten zu finden. Einer von ihnen ist Dr. Pelham.
Dr. Pelham kann ohne Probleme als ein Getriebener bezeichnet werden. Ein Mensch, der seine Forschung über alles stellt und bereit ist, Grenzen zu überschreiten, um sein Wissen zu erweitern und der Wissenschaft neue Türen zu öffnen. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt einer neuen und äußerst umstrittenen Heilmethode, in den deren Mittelpunkt Magnetismus und Hypnose stehen, der sogenannte Mesmerismus. Eine im ausgehenden 19. Jahrhundert äußerst populäre Behandlungsart, die auf die vielfältigste Art zur Anwendung gelangte. Allerdings gab es bisher einen Bereich, der vollkommen von jeglichen Untersuchungen ausgespart wurde: Welche Wirkung würde diese Behandlungsmethode auf einen Menschen haben, wenn man sie in der Stunde seines Todes zum Einsatz brächte?
Dr. Pelham ist bereit, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um einen Weg zu finden, diese äußerst spannende wissenschaftliche Frage zu klären. Tatsächlich gelingt es ihm, einen passenden Probanden zu finden, der sich bereit erklärt, dieses große Abenteuer miteinzugehen. Ernest Valdemar leidet bereits seit geraumer Zeit an der Schwindsucht. Sein Leben hängt an einem seidenen Faden und das Ende rückt immer näher. Valdemar ist bereit, sich in der Stunde seines Todes von Dr. Pelham hypnotisieren zu lassen. Noch ahnt keiner der beiden Männer, was sie in der dunklen Stunde am Rande des Todes erwarten wird. Hinzu kommt eine unerwartete Wendung, als Valdemar auf der Schwelle des Todes sein Gewissen erleichtert und ein erstaunliches Geständnis ablegt.
Nach Howard Phillips Lovecraft gibt nun ein weiterer Autor seine Visitenkarte ab, der das Horror- und Gruselgenre ebenfalls geprägt und revolutioniert hat. Die Rede ist von niemand Geringerem als Edgar Allan Poe. Wenn man seine Geschichten grob umschreiben möchte, fallen einem sofort Schlagworte wie morbide oder makaber ein. Begriffe, die man problemlos auch auf die vorliegende Vertonung aus dem Hause Titania Medien anwenden kann. Die gesamte Story wird dominiert durch die alles überschattende Frage, wie weit man gehen darf, um das eigene Leben zu verlängern. Dies ist die Ausgangslage für eine äußerst düstere und an vielen Stellen auch tatsächlich unheimliche Erzählung, die den Hörer schnell zu fesseln vermag.
Dazu kommt ein unverhofftes Geständnis auf dem Sterbebett, das der Geschichte eine weitere pechschwarze Schattierung hinzufügt und in seiner Intensität diese Folge zu einer der dichtesten und gleichzeitig intensivsten der gesamten Reihe macht. Es reicht eine eindringliche Berichterstattung aus der Ich-Perspektive, die bei der Schilderung der Ereignisse die Haare zu Berge stehen lassen, einmal mehr ein Beispiel dafür, dass das Arrangement zwischen Musik und einer einzelnen Stimme genügt, um dem Hörer eine amtliche Gänsehaut zu bescheren.
Doch diese schaurigen Momente beschränken sich keinesfalls auf die Episode in der Vergangenheit von Mr. Valdemar, sondern umfassen auch das spätere Geschehen, wenn Dr. Pelhams Behandlungsmethode zum Einsatz gelangt. Um dieses dichte Hörspielerlebnis zu inszenieren, hat man sich dazu entschieden, nicht allein eine Geschichte aus dem breiten Fundus von Poe wiederzugeben, sondern gleich zwei miteinander auf geschickte Art zu verknüpfen. Dies geschieht auf eine derart natürliche und homogene Weise, dass es tatsächlich kaum ersichtlich ist, dass hier zwei verschiedene Stoffe miteinander kombiniert wurden. Oft baut sich eine unheimliche Stimmung erst langsam und kontinuierlich auf, doch im vorliegenden Fall beschleicht den Hörer bereits direkt zu Beginn ein ungutes Gefühl, dass mit jeder verstreichenden Minute weiter zunimmt.
Dafür nutzt man nicht allein die Dialoge zwischen den Akteuren, sondern auch die musikalische Inszenierung lässt kaum einen Wunsch offen. Die verwendeten Musikstücke passen sich der jeweiligen Situation an und wissen diese auf geschickte Weise zu verstärken. Die Soundeffekte tun ein Übriges, die bedrohliche und düstere Stimmung weiter zu verstärken und erschaffen so eine geradezu greifbare Schwärze, die die merkwürdigen Ereignisse im Fall Valdemar nicht nur hervorheben, sondern die verstörenden Momente noch verschärfen und betonen.
Helmut Winkelmann und Ralf Berg sind zweifelsohne die beiden beeindruckendsten und überzeugendsten Akteure dieser Produktion. Als Pelham und Valdemar skizzieren sie eine Zweckgemeinschaft, die nur solange gedeiht und funktioniert, wie beide ihren Vorteil daraus ziehen. Pelham möchte neue Erkenntnisse sammeln, während Valdemar an seinem Leben hängt. Beide verdecken ihre wahren Ziele unter zahlreichen Schichten von Floskeln und Höflichkeiten, der erst dann Stück für Stück angetragen werden, als einer doch noch sein Gewissen erleichtert, bevor er eine Reise ins Ungewisse antritt. Sowohl Winkelmann als auch Berg gelingt es, diesen breiten Katalog von Emotionen für den Hörer einzufangen und glaubhaft wiederzugeben.
Tom Raczko ist in "Die Fakten im Fall Valdemar" als Dr. Ferrier zu hören und zeigt, wie viel Talent in ihm steckt und macht den unsäglichen Auftritt in
"Der Krieg der Welten" damit endgültig wett. In weiteren Rollen sind Peter Weis, Louis Friedemann Thiele und Dagmar von Kurmin zu hören, allesamt große Sprecher, die es mit ihren Stimmen verstehen, auch in Nebenrollen zu glänzen. Nach
"Kalte Luft" reiht sich hier eine weitere bärenstarke Produktion ins "Gruselkabinett" ein und weiß auf ganzer Länge zu überzeugen.