Der Teufel hat sein Wort gehalten und dem Baron de Conde das ewige Leben geschenkt, doch zu welchem Preis?
Charlotte ist eine Außenseiterin in einer verschworenen Gemeinschaft, der schwarzen Familie, die unerkannt unter den Menschen lebt und ihr Leben dem Teufel verschrieben hat. Lotte wächst entwurzelt in einem Waisenhaus auf, in dem die Kinder im Sinne Satans erzogen werden. Das Leben ist geprägt von Entbehrungen, Gewalt, Niederträchtigkeit und Intrigen. Das junge Mädchen, durch ihr entstelltes Äußeres ohnehin schon Zielscheibe von Hohn und Spott, ist nicht bereit, die Bösartigkeiten ihres Alltags ohne Gegenwehr zu ertragen. Dafür wird sie von den anderen Waisen sowie den Schwestern, die das Haus leiten, gleichermaßen gehasst und immer wieder zum Prügelknaben degradiert.
Auch in späteren Jahren wird die junge Frau immer wieder zum Spielball der dämonischen Mächte, doch diese ahnen nicht, dass Lotte auch Kontakt zur göttlichen Seite hat und immer mehr ins Zweifeln gerät, welcher Weg der richtige ist. Zudem reift in ihr die Gabe heran Dämonen in ihrer wahren Gestalt zu erkennen. Als es in Lemgo einmal mehr zu einer besonders abscheulichen Tat der Dämonen kommt, flieht Lotte aus dem Haus ihrer Zieheltern und begibt sich auf die Suche nach dem Großinquisitor der Kirche, um in seine Dienste zu treten. Sie hat jedoch keine Ahnung, welche Gefahren auf dem langen Weg zum Bodensee auf sie lauern.
Mit "Hexenhammer – Die Inquisitorin" startet Zaubermond das erste Spin-off zur erfolgreich laufenden Serie "Dorian Hunter – Dämonen-Killer". In den vergangenen Jahren entstand ein komplexes Handlungsgeflecht, das immer wieder einmal lose Enden zurückließ, wo man das Gefühl hatte, die Geschichte sei noch nicht zu Ende erzählt worden. Eines dieser Enden wird mit "Die Inquisitorin" aufgegriffen und setzt die Geschichte der de Condes fort. Baron de Conde ist die erste Inkarnation des Dämonen-Killers, er schloss jenen unheilvollen Pakt mit Asmodi, der ihm die Unsterblichkeit sicherte, allerdings zu einem ungeahnten Preis. Das vorliegende Hörbuch konzentriert sich jedoch eher auf das Schicksal der Tochter des Barons und die Ereignisse, nachdem der Pakt mit dem Teufel besiegelt wurde.
Kann man "Dorian Hunter" ohne Probleme als die derzeit düsterste Horrorserie am Markt bezeichnen, so geht "Die Inquisitorin" trotz des Umstands, dass es sich um ein Hörbuch handelt, noch einen deutlichen Schritt weiter. Gewalt, Brutalität und schwarzer Humor waren schon immer Elemente, die den Stil der Serie prägten. "Die Inquisitorin" überschreitet hier erneut Grenzen. Angesiedelt in der Mitte des 15. Jahrhunderts entführt die Handlung den Hörer in eine dunkle Zeit, in der Armut, Not und Elend für viele Menschen zum Alltag gehörten. Dieses finstere, sehr realistisch gestaltete Szenario wird nun angereichert mit übernatürlichen Zutaten.
Die Dämonen sind stark wie nie zuvor und können nahezu ohne Probleme ihre bösartigen Pläne und Intrigen in die Tat umsetzen. Uwe Voehl gelingt eine sehr realistische Darstellung der damaligen Verhältnisse in Deutschland, er fügt ihnen nun sehr detaillierte Beschreibungen von schwarzen Messen und abscheulichen Ritualen bei, die im Verborgenen die Geschicke der Menschen bestimmen. Dazu kommen drastische Beschreibungen, wozu die Dämonen imstande sind, aber auch die Seite der Inquisition und deren geschilderte Foltermethoden sind nichts für schwache Nerven. Wer einen nervösen Magen hat, könnte an der einen oder anderen Stelle seine Probleme bekommen.
Die Story wird von Beginn an sehr dicht erzählt, die schwierigen manchmal kaum zu ertragenden Schilderungen der Lebensumstände, unter den Lotte heranwächst und sich behaupten muss, nehmen einen von der ersten Minute an gefangen. Immer wieder gibt es in der fast zehnstündigen Geschichte Momente, die den Hörer um das Leben von Lotte zittern lassen. Dazu kommen immer wieder neue Wendungen, die das Publikum zu überraschen wissen und zum Mitfiebern einladen.
Ein großes Kompliment gebührt der wirklich gelungenen Figurenzeichnung dieses Hörbuchs. Die Zerrissenheit der Hauptfigur, die sich ja nicht nur auf den inneren Zwiespalt, sondern auch die äußerliche Erscheinung bezieht, wird glaubhaft und in die Tiefe gehend geschildert und lässt sicherlich niemand wirklich kalt. Dazu gesellen sich weitere spannende Charaktere, die in all ihren Facetten niemals nur schwarz oder weiß sind, sondern in den Grautönen variieren. Das Böse allerdings ist hier als absolut dargestellt und seine Vertreter sind von Niedertracht gezeichnete Individuen.
Immer wieder werden kurze Musikstücke in die Geschichte eingeflochten, die äußerst stimmungsvoll ausfallen und eine ganz eigene Atmosphäre eines vergangenen Jahrhunderts auferstehen lassen. An dieser Stelle wurde großes Fingerspitzengefühl bewiesen, was man sich viel öfter wünschen würde, anstatt immer wieder dieselben Kompositionen in einem Hörspiel zu verwenden. Insgesamt wird die beeindruckende Laufzeit von über zehn Stunden von vier Sprechern bewältigt, wobei der Löwenanteil von Stephanie Kellner in der Rolle der Lotte bestritten wird. So schildert sie nicht nur die Gefühls- und Gedankenwelt ihrer Figur, sondern auch die Ereignisse und eine Vielzahl der Dialoge. Diese nicht immer einfache Aufgabe wird sehr lebendig und mit Bravour gelöst.
Weitere Passagen werden von Thomas Schmuckert als Dorian Hunter, Stefan Krause als Olivaro und Alexander Turrek als Baron de Conde bestritten, die ebenfalls ihr Können unter Beweis stellen und der Arbeit von Stephanie Kellner in nichts nachstehen. "Die Inquisitorin" präsentiert sich in jeder Hinsicht als lohende Ergänzung und Fortführung der Hauptserie und legt nebenbei mal eben eine der wirklich nervenaufreibendsten und atmosphärisch überzeugendsten Hörbuchadaptionen des Jahres vor. Ich hoffe man entschließt sich dazu, dem Testballon weitere Episoden folgen zu lassen, wenn sie eine derartig hohe Qualität aufweisen wie im vorliegenden Fall.