Die Geschichte der Menschheit muss neu geschrieben werden, doch ist sie wirklich bereit, die Wahrheit zu erfahren?
Die Ereignisse in der menschenleeren Weite der Antarktis überschlagen sich. Als die Forscher Denforth und Dyer den Außenposten der Expedition erreichen, bietet sich ihnen ein Anblick des Grauens. Fast alle Bewohner des Camps sind einem grauenvollen Massaker zum Opfer gefallen und lediglich zwei der Wissenschaftler nicht unter den Toten. Obwohl es keinerlei Spuren zu ihrem Verbleib gibt, setzen Denforth und Dyer die Suche fort. Die beiden dringen tiefer in die unwirkliche Gebirgslandschaft vor, in der ihre Kollegen ihr Lager errichtet haben, und machen eine unglaubliche Entdeckung.
Sie stoßen auf eine Jahrtausende unter dem Eis verborgene Stadt, die der Klimawandel aus seinem uralten Gefängnis aus Schnee und Frost wieder ans Tageslicht bringt. Trotz der widrigen Umstände ist der Forschergeist der beiden Männer geweckt. Es besteht keinerlei Zweifel, dass die gigantische Metropole nicht von Menschenhand errichtet wurde. Ihre Entdeckungen übertreffen die kühnsten Erwartungen von Denforth und Dyer, sie sind sich sicher, dass Generationen von Wissenschaftlern damit beschäftigt sein werden, die Rätsel der Stadt im Eis zu lösen. Je tiefer sie jedoch in die Gebäudekomplexe vordringen, umso mehr beschleicht sie das Gefühl an diesem Ort nicht allein zu sein…
Der zweite Teil der Umsetzung von "Berge des Wahnsinns" kann alle geschürten Erwartungen einlösen und noch einmal übertreffen. Mit einer unheimlichen Liebe zum Detail nimmt sich Oliver Döring dem zentralen Werk von Lovecraft an und schafft es problemlos, die vielen verschiedenen Facetten des Cthulhu-Mythos in die Bearbeitung einfließen zu lassen, ohne den Hörer zu überfordern oder damit die Spannung der Geschichte zu schmälern. War der
Auftakt der Expedition noch der Übergang aus der uns bekannten Realität hinein in eine Sphäre zunehmenden Wahnsinns, so ist die Handlung spätestens mit dem Erreichen der lange Zeit unter dem Eis begrabenen Stadt auf dem Höhepunkt des Grauens angelangt. Mit jedem Schritt hinein in die dunklen Korridore und Hallen der untergegangenen Metropole gewinnt die Story an Spannung und Intensität.
Wenn es gelingt, dieses Gefühl des Entsetzens ungefiltert zum Hörer zu transportieren, so kann man getrost davon sprechen, dass die oft vollmundigen Versprechen seitens der Produzenten hier tatsächlich auch ohne Einschränkungen eingelöst werden. In Sachen Horror und Nervenkitzel bleiben keinerlei Wünsche offen, die Düsternis und das Fremde und Abstoßende aus den Erzählungen von H. P. Lovecraft finden hier endlich ein Medium, das dessen Visionen gerecht wird. Die Essenz des Texts bleibt ungemindert erhalten und wird dennoch in ein zeitgemäßes Gewand gekleidet, das zu begeistern weiß. Subtiler Schrecken, der sich aus der Unsicherheit der Fremdartigkeit der vergessenen Stadt und einer permanenten Bedrohungslage ergibt, vermengt sich mit wohldosierter Action und expliziten Horrormomenten.
Nicht nur der Inhalt kann überzeugen, sondern auch die musikalische Gestaltung, die den lauernden Wahnsinn noch einmal erlebbarer macht. Düstere und unheilvolle Kompositionen wechseln sich mit Stücken ab, die versuchen, das Majestätische und gleichzeitig die Andersartigkeit der Hinterlassenschaften der Großen Alten im ewigen Eis zu vermitteln. Das Sounddesign ist erstklassig und man hat insbesondere über Kopfhörer das Gefühl, ein Teil dieser unheilvollen Expedition zu sein. Egal ob Helikopterflug oder düstere Tunnel im Bauch der Ruinen, hier sitzt alles am richtigen Platz.
Hans-Georg Panzcak ist der unbestrittene Star dieser Episode. Ihm gelingt es mit seinen Ausführungen, die Stadt aus dem Eis vor dem geistigen Auge des Hörers zu visualisieren. Doch damit nicht genug, daneben fließt auch das erlebte Grauen des Wissenschaftlers Dyer in seine Stimme mit ein und verleitet zum Glauben, hier tatsächlich einem Erlebnisbericht zu folgen. Selten zuvor begegnete man einer solch intensiven Sprecherleistung im Rahmen eines Horrorhörspiels. Damit soll die Arbeit der übrigen Sprecher wie René Dawn-Claude, Hans Bayer, Antje von der Ahe und Bernd Vollbrecht keinesfalls gemindert werden, sie alle machen diese Produktion mit ihren Stimmen zu etwas Besonderem. Beste Horrorunterhaltung im modernen Gewand – an dieser Adaption von Lovecraft führt kein Weg vorbei!