Über 30 Jahre nach seiner ursprünglichen Veröffentlichung ist das schräge Frühwerk von Bill Sienkiewicz erstmals auf Deutsch erhältlich.
Geht es um die großen Innovatoren der Neunten Kunst, dann gebührt dem 1958 geborenen Boleslav William Felix Robert Sienkiewicz besondere Beachtung, schließlich erschloss er dem amerikanischen Comic-Mainstram in den 1980ern Arbeitstechniken wie Ölmalerei, Fotorealismus und Collage. Sein Run als Zeichner (oder besser gesagt Maler) von "New Mutants" 1984/85 machte ihn zum Star, der seinen mitunter ins Abstrakte abdriftenden Stil auch als Tuscher zahlreicher prominenter Kollegen zum Einsatz brachte. Als eigenes Magnum Opus darf die 1988 für das damalige Marvel-Sublabel Epic Comics in vier Ausgaben veröffentlichte Erzählung "Stray Toasters" bezeichnet werden, die es kürzlich dank Splitter doch noch in unsere Breiten geschafft hat.
Der Wahnsinn, der sich auf etwas mehr als 200 Seiten entfaltet, beginnt in gewisser Weise mit einem Urlaub. Ein erholungsbedürftiger Dämon, der seinen Liebsten in der Hölle per Postkarte von den Erlebnissen in der Menschenwelt berichtet, bekommt einiges geboten – schließlich hat ein brutaler Mörder, der seine Opfer im wahrsten Sinne des Wortes neu verkabelt und dadurch tötet, soeben wieder zugeschlagen. Aufhalten soll ihn ausgerechnet der Polizeipsychologe Egon Rustemagik, der aus einer psychiatrischen Anstalt entlassen worden ist und neben den Folgen des unfreiwilligen Aufenthalts mit einem Alkoholproblem zu kämpfen hat. Nicht die besten Voraussetzungen also, um im Rahmen der Ermittlungen mit diversen persönlichen und zwischenmenschlichen Traumata konfrontiert zu werden.
Bill Sienkiewicz macht es all jenen, die eine nach Schema F gestrickte Erzählung erwarten, nicht leicht, so viel sei vorab verraten. Zunächst ist man mit Wort- und Gedankenfetzen überfordert, die eher einer Aneinanderreihung an Momentzuständen von Personen mit (gelinde gesagt) bedenklichen Problemen darstellt gleichen als einer stringenten Handlung. Selbige schält sich erst im weiteren Verlauf aus dem Sci-Fi-/Krimi/Psychothriller heraus, der vor beißenden Zynismus ebenso wenig zurückschreckt wie vor kindlichen Späßen, aber optisch durchgehend eine Wucht darstellt, die zum Zeitpunkt der ursprünglichen US-Veröffentlichung sicher einige Synapsen der Leserschaft durchbrennen ließ und dies auch heute noch problemlos vermag. "Stray Toasters" in wenigen Worten zu beschreiben ist schwierig, man muss es selbst gesehen haben und seinen ganzen Irrwitz auf sich wirken lassen.