Wer verschiedenste illustre Monster aus der japanischen Sagenwelt kennenlernen will, ist bei Stan Sakais (meistens) furchtlosem Hasen-Ronin wie so oft an der richtigen Adresse.
Allen Trends und Hypes zum Trotz steht Stan Sakai seit einer gefühlten Ewigkeit wie ein Fels in der Brandung des Comic-Biz und schickt seinen sympathischen Miyamoto Usagi nimmermüde auf Wanderschaft durch das Japan des frühen 17. Jahrhunderts. 2009 galt es das 25-jährige Jubiläum seiner kultigen Schöpfung zu feiern, was den Meister neben Bleistift und Tusche auch zu den Aquarellfarben greifen ließ, um eine Graphic Novel auf das Paper zu bannen. Langohr-Aficionados wissen natürlich um seine Verdienste in der Vergangenheit, wenn es darum ging, für seine Storys aus der reichhaltigen Mythologie des Landes der aufgehenden Sonne zu schöpfen, doch in "Usagi Yojimbo: Yōkai" gibt es eine besonders geballte Ladung in kompakter Form.
Auf der Suche nach einem Nachtlager gerät unser Langohr in einen Wald, in dem es vor unheimlichen Monstern geradezu wimmelt. Noch dazu trifft er dort eine Frau, deren Tochter offenbar von den unwillkommenen Besuchern aus der Dämonenwelt entführt worden ist, und selbstverständlich beschließt er ihr zu helfen. Möglicherweise hat der gute Usagi aber etwas zu viel versprochen, denn angesichts der Legionen an Katzen, Ogern oder Schlangen bekommt es selbst er mit der Angst zu tun und erwägt sogar die Flucht. Die Situation erscheint zusehends aussichtslos, doch zum Glück will auch Sasuke ein Wörtchen mitreden. Und der ist immerhin Dämonenbezwinger vom Fach.
Wer nach einer in sich abgeschlossenen Erzählung sucht, mit der man andere auf Sakai-sans fantastische Saga aufmerksam machen und im besten Falle gleich anfixen kann, hat hier einen heißen Kandidaten an der Hand. "Yōkai", benannt nach dem japanischen Wort für übernatürliche Wesen, erweist sich nicht nur optisch als feine Sache, sondern präsentiert auch einen Protagonisten, dem ausnahmsweise auch mal das Herz in die Hose rutscht – und gerade das macht Usagi so menschlich! Alle, die über die Begegnungen zwischen
Usagi und den Teenage Mutant Ninja Turtles Bescheid wissen, finden als lustiges Detail sicher auch das Auftauchen einer Schildkröte amüsant, die im Gegensatz zu den vier grünen Jungs allerdings weniger freundlich erscheint.
Abgerundet wird der Band durch ein aufschlussreiches Interview zur Entstehung der Graphic Novel, das auch den Arbeitsaufwand für den Künstler verdeutlicht. Nur ein Rätsel bleibt nach der Lektüre: Wie um alles in der Welt kann Verlagschef Josch Dantes einen Gewinn machen bei einem Hardcover, der zu einem derartigen Sparpreis in die Regale gelangt? Über seine (pop)kulturelle Mission der adäquaten Veröffentlichung eines der wichtigsten Indie-Comics aller Zeiten hinaus bleiben als Erklärung fast nur mehr altruistische Motive übrig. Wie auch immer, alte und hoffentlich auch viele neu hinzugekommene Käufer und Sammler sollten die Gelegenheit nicht nur deshalb beim Schopf packen!