Allzu oft lassen sich Mike Ness und seine Mannen in Europa ja nicht blicken – zum 30. Bandjubiläum ist es dann aber nach vier Jahren mal wieder so weit...
Im Münchener Zenith legen die Kalifornier ein furioses erstes Drittel hin: "The Creeps", "Another State Of Mind", "Mommy‘s Little Monster", "Sick Boy" und "Don‘t Drag Me Down" lassen den Mob kaum Atem holen. Mike Ness, lediglich das erste Stück lang mit Hut auf dem Haupt, fühlt sich offenbar pudelwohl und posiert, was das Zeug hält. Klar, dass die Stimmung in der gut besuchten aber bei weitem nicht ausverkauften Halle schnell den Siedepunkt erreicht. Weiter geht der Ritt durch die Band-Geschichte mit dem starken aber nicht mehr ganz so überragenden CASH-Cover "Ring Of Fire" sowie "Reach For The Sky" oder "Highway 101".
Der 47-jährige Ness ist zweifelsohne Mittelpunkt des Geschehens: Schwer tätowiert, genuschelte Ansagen, klassische Rock`n`Roll-Gestik. Zusammen mit dem Frontmann schwitzt ein Großteil der Fans bereits nach dem ersten Showdrittel um die Wette. Gitarrist Jonny Wickersham, in schwerer Lederjacke und Matrosen-Streifenhemd, hat zwar den höheren Bewegungsradius, erhält neben Ness dennoch einen Bruchteil der Aufmerksamkeit. Auch mit dabei - wie schon 2005 - Keyboarder Danny McGough, dessen Einsatz manchen Stücke aber eher ausbremst. Ganz ehrlich: Wer braucht Keyboards im Punkrock?
Okay, kommen wir zum letzten, dem schwächsten Drittel des Konzerts: Feinen Klassikern wie "Bad Luck", "Ball & Chain" und dem lauthals mitgesungenen "Prison Bound" steht Durchschnittsware wie "I Won‘t Run No More", "Can‘t Take It With You", "When The Angles Sing" oder "Nickels & Dimes" gegenüber. Enttäuschend: das neue, recht schwachbrüstige "Still Alive", eine positive Überraschung hingegen das deutlich schneller als auf CD interpretierte HANK WILLIAMS-Cover "Alone And Forsaken". Das Finale bestreitet traditionell die S.D.-Hymne "Story Of My Life".
Unter dem Strich ein schickes, energisches "Best Of"-Konzert, das einen Großteil der Fans zufrieden zurücklässt. Schade, dass kein Platz für meine persönlichen Highlights "Winners And Losers" und vor allem "Gotta Know The Rules" und "Down On The World Again" vom "White Light"-Album zu sein schien.
Nicht zu vergessen, folgende Schönheitsfehler: 1. 5.000er-Hallen wie das Zenith sind nicht Underground,
2. T-Shirts für 30 Euro und Hoodies für 60 Euro sind nicht Punkrock,
3. 85 Minuten Spielzeit sind das Minimum dessen, was man nach 30 Jahren Bandgeschichte erwarten darf und
4. das nächste Mal bitte eine vernünftige Vorband, z. B. RENO DIVORCE, anstelle von 08/15-Punkrock (THE GASLIGHT ANTHEM) und Girlie-Pop-Punk (THE BLACK SHEEP).
Ansonsten gilt: Auf die nächsten 30, Mike!