Das Kreativduo Johns/Frank zeigt, was sich nach über acht Jahrzehnten aus dem Mitternachtsdetektiv noch Großartiges rausholen lässt.

Kein anderer Comic-Autor hat bei DC zuletzt einen derart steilen Aufstieg geschafft wie Geoff Johns, der nach seinen Runs an "The Flash" und "Green Lantern" zum obersten Kreativdirektor aufgestiegen ist und nach der lesenswerten Miniserie "Flashpoint" natürlich auch bei den "New 52" kräftig mitmischt. Den britischen Zeichner Gary Frank, der mit "Kin" auch schon auf Solopfaden gewandelt ist, dürften die deutschen Leser von seinen Arbeiten an Batman, Superman und Michael J. Straczynskis "Midnight Nation" kennen.
Gemeinsam haben die beiden Herren "Batman: Earth One" vorgelegt, das die Bestsellerlisten jenseits des Atlantiks gestürmt hat und nun von Panini zeitgleich mit "Superman: Earth One" auf Deutsch erschienen ist. Darin wird der Mythos des Fledermausmanns aus einer neuen Perspektive aufgerollt, und zwar aus der des rachedurstigen Bruce Wayne. Seine Eltern wurden bei einem Kinobesuch ermordet, kurz bevor Vater Thomas höchstwahrscheinlich die Wahlen für das Amt des Bürgermeisters gewonnen hätte. In dessen Sessel sitzt nun ein gewisser Oswald Cobblepot, dessen Würgegriff um die Stadt und den Polizeiapparat nicht nur Detective James Gordon daran hindert, handfest gegen das Verbrechen vorzugehen.
In diese Atmosphäre von Angst, Misstrauen und gegenseitigen Abhängigkeiten platzt plötzlich Batman mit seinem Angriff auf eben jenen Cop, der damals als erster am Tatort eintraf und kurze Zeit darauf in die Dienste von Cobblepot trat. Doch nicht nur von dieser Seite droht Gordon Ungemach, sondern auch von seinem neuen Partner Harvey Bullock, der die Akten zum Fall Thomas und Martha Wayne wieder ausgräbt und damit Gordons Tochter Barbara in die Hände eines Serienkillers in Cobblepots Diensten fallen lässt.
Eins muss man Geoff Johns wirklich lassen: Der Mann versteht es zu überraschen. Er lässt den Leser ein Gotham betreten, das sich in vergleichsweise kleinen, aber aussagekräftigen Details von der bekannten DC-Realität unterscheidet. James Gordon ist hier ein desillusionierter Cop, der duckmäuserisch wegschaut, Harvey Bullock ein draufgeherischer Sunnyboy und Alfred Pennyworth eher Kampfsportlehrer als Butler des Mitzwanzigers Bruce Wayne, der sich auf gefährliche Weise zu sehr von seinen Emotionen leiten lässt.
Das Timing ist perfekt, die Handlung schreitet flüssig bis zum Finale voran. Hier stimmt die Inszenierung perfekt, die uns in ein sehr dunkles und pessimistisches Gotham blicken lässt. Die Zeichenkünste von Gary Frank sind ein wahrer Augenschmaus, von Jonathan Sibal perfekt getuscht. Abgesehen von der missglückten Übersetzung des Namens Birthday Boy, der mit "Tortenmann" eher an Homer Simpsons Alter Ego erinnert als an einen Serienkiller, hat Panini ganze Arbeit geleistet. "Batman: Erde Eins" beweist, was ein kongeniales Team aus dem Charakter Batman heute noch herauszuholen imstande ist.
# # # Andreas Grabenschweiger # # #
Publisher: Panini Comics