Ein tragischer Held und ein Schurke. Klingt nach den typischen Zutaten für einen Comic mit Batman, trifft aber auch das Leben des kreativen Kopfs hinter ihm.
Bis heute müssen sich jene, die bei DC und Marvel anheuern, darauf einstellen, dass alles, was sie im Rahmen ihrer Geschichten erfinden, nicht ihnen gehört, sondern geistiges Eigentum des jeweiligen Verlags darstellt. Den eigenen Namen im Abspann einer Filmadaption lesen zu können ist schön und gut, bezahlt aber meistens keine Rechnung von kreativen Köpfen, die den ewigen "Big Two" des amerikanischen Comic-Markts seit mehr als acht Dekaden entsprechende Vorlagen liefern. Mittlerweile hat sich die Lage zumindest etwas gebessert, aber der Umgang, den Publisher mit ihren Ideenlieferanten pflegten, war über lange Zeit schlicht ausbeuterisch.
Heute finden wir in einer Superman-Publikation wie selbstverständlich die Angabe, dass der Mann aus Stahl von Jerry Siegel und Joe Shuster erfunden wurde, tatsächlich waren dafür aber langwierige juristische Auseinandersetzungen erforderlich. Während die Schöpfer des Kryptoniers zumindest noch zu Lebzeiten eine geringe Abgeltung für ihre Arbeit erhielten, war das bei dem ebenfalls für DC tätigen Bill Finger nicht der Fall. Erst seit 2015 findet sich die entsprechende Info ("Batman created by Bob Kane with Bill Finger") bei den Credits der Abenteuer des Mitternachtsdetektivs. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt den Bemühungen des Autors Marc Tyler Nobleman, der mit seinem 2012 erschienenen Buch "Bill the Boy Wonder: The Secret Co-Creator of Batman" die Verdienste des 1974 in Armut verstorbenen Bill Finger heraushob.
Interviewpassagen aus Noblemans Werk und der darauf basierenden Hulu-Dokumentation "Batman and Bill" (2017) sind auch Teil von "Bill Finger – Der wahre Schöpfer des Dunklen Ritters", das nun via Carlsen vorliegt. In der für das Thema geradezu "artgerechten" Form einer Graphic Novel erzählen Julian Voloj (Story) und Erez Zadok (Artwork) vom Schicksal des Künstlers als vor Ideen nur so sprudelnder Comic-Autor, der das Konzept des Dunklen Ritters sowie sein ganzes Umfeld samt zahlreicher ikonischer Schurken schuf und Bob Kane die Skripts für die Zeichnungen lieferte. Der jedoch hielt seinen kreativen Partner an der kurzen Leine, um sich selbst als einziger Mastermind hinter Batman feiern zu lassen und dicke Schecks zu kassieren, während Finger (ebenso wie viele andere) nicht einmal namentlich genannt wurde.
Die Rückblicke, die sich mit Passagen rund um Noblemans umfangreiche und mühsame Forschungen abwechseln, sind sowohl bedrückend aufgrund der schreienden Ungerechtigkeit, die dem geistigen Vater des Mitternachtsdetektivs zuteilwurde, als auch von einem unbändigen Drang nach Gerechtigkeit geprägt – in gewisser Hinsicht also spiegelbildlich für den Charakter, dem Bill Finger über viele Jahre seinen Stempel aufdrückte. Julian Volojs Herangehensweise fängt diesen Gegensatz textlich ebenso gut ein wie Erez Zadoks Artwork, das die jeweilige Stimmung – seien es Optimismus und Tatendrang oder im Gegenteil dazu Resignation und Verzweiflung – fühlbar macht. Zusammen mit den Hintergrundinformationen, die hier geliefert werden, lässt das eine uneingeschränkt empfehlenswerte Lektüre für alle, die sich für Comic-Geschichtsschreibung im Allgemeinen und Batman im Besonderen interessieren, Gestalt annehmen.