Randolph Carter droht die Todesstrafe, doch da kommt plötzlich Hilfe von unerwarteter Seite.
Randolph Carters Schicksal ist eng verflochten mit dem Erbe der Großen Alten, deren Diener ihre Rückkehr akribisch vorantreiben. Während eines nächtlichen Friedhofbesuchs verschwindet Carters Freund Harley Warren spurlos in einem kurz zuvor geöffneten Mausoleum. Man beginnt Fragen zu stellen und die Justiz präsentiert alsbald einen Schuldigen: Carter hat seinen Freund in einem günstigen Augenblick verschwinden lassen. Nun droht ihm unweigerlich die Todesstrafe.
Kurz vor der Verkündung des Urteils verschafft sich ein Unbekannter Zutritt zu Carters Zelle und spricht über Dinge aus dessen Vergangenheit, die niemand außer ihm selbst wissen kann – insbesondere jene schicksalhaften Ereignisse auf der mysteriösen Insel. Der Fremde lässt ein Manuskript zurück, einen Reisebericht über eine Expedition in die arabische Wüste. Die Suche nach der namenlosen Stadt weist verblüffende Parallelen zu Carters eigenen Erlebnissen auf. Zufall oder steckt doch mehr dahinter? Und welche Ziele verfolgt der Mann mit dem seltsam klingenden Namen, der mühelos zu ihm vordringen konnte?
Mit "Die namenlose Stadt" liegt nunmehr die dritte Episode der noch jungen Serie vor und kann sowohl das enorm hoch angesiedelte Niveau ihrer Vorgänger halten als auch die geweckten Erwartungen beim Hörer einlösen. Das gilt hinsichtlich der beiden mit viel Liebe zum Detail aufbereiteten Originalstorys sowie der auf verschiedenen Zeitebenen agierenden Rahmenhandlung, die beides zu einem neuen, faszinierenden Ganzen zusammenfügt. Bei den Stoffen aus der Feder Lovecrafts blitzt sofort jenes ganz ureigene, morbide Gefühl auf, das den Geschichten anhaftet und sie zu etwas Besonderem macht.
Ganz unmerklich legt sich der Geschmack von Fäulnis und Verwesung auf die Zunge, wenn man sich auf die düsteren Texte des Altmeisters einlässt. WinterZeit ist es gelungen, ebenjene spezielle Atmosphäre auch ins Hörspiel einfließen zu lassen. Doch damit nicht genug, die neu erschaffenen Anteile der Produktion haben es ebenfalls in sich und wissen zu begeistern. Die Story verlangt zwar nach großer Aufmerksamkeit, belohnt diese aber mit einem wendungsreichen und temporeich inszenierten Plot.
Die auf verschiedenen Zeitachsen etablierten Handlungsstränge werden an den ersten Stellen verknüpft und lassen erahnen, in welche Richtung sich die Ereignisse entwickeln könnten. Kleine Puzzleteile fügen sich zusammen, während neue hinzukommen. Dazu gesellt sich ein Sounddesign, das seinesgleichen sucht. Selten zuvor ist es gelungen, für ein Horror-Hörspiel ein derart dichtes und beunruhigendes Korsett aus Geräuschen und Effekten zu kreieren wie im Fall von "Die namenlose Stadt". Zusammen mit der wirklich tollen musikalischen Gestaltung und der überzeugenden Geschichte ergibt sich einzigartiges, dunkelbuntes Spektakel.
Als Sahnehäubchen kommt zum guten Schluss noch der Cast dieser Produktion hinzu. Wolfgang Pampel ist einmal mehr der große Chronist, der durchs Geschehen führt und gerade dieses Mal beim Hörer einige Reminiszenzen an "Indiana Jones" heraufbeschwört. Tommy Morgenstern setzt weitere Akzente als Randolph Carter und fügt seiner Figur einige neue Aspekte hinzu. Eine überzeugende Besetzung. Dazu kommen viele weitere großartige Stimmen wie die von Engelbert von Nordhausen, Joachim Pukass, Detlef Bierstedt oder Stefan Krause, die der Produktion ihren Stempel aufdrücken. "Howard Phillips Lovecraft – Chroniken des Grauens" beschreitet den eingeschlagenen Weg konsequent weiter und bereichert das Genre als eine der besten Serien der vergangenen Jahre. Mehr davon bitte!