Justus Jonas ist verschwunden! Was hat sich in der vergangenen Nacht in der Zentrale zugetragen?
Der Besuch in einer stillgelegten Quecksilbermine endet in einem handfesten Streit zwischen den drei Detektiven. War es wirklich nötig sich über die Sicherheitsprotokolle hinwegzusetzen und die ausgewiesenen Wege zu verlassen? Doch nicht nur die drei Freunde sind unterschiedlicher Auffassung, auch Tante Mathilda ist bereits über das Fehlverhalten ihres Neffen informiert worden und hält Justus eine amtliche Strafpredigt. Die Möglichkeit einer Aussprache bleibt für alle Beteiligten leider aus, denn am kommenden Morgen ist der erste Detektiv spurlos verschwunden. Niemand hat einen Hinweis über seinen Verbleib. In der Zentrale der drei Fragezeichen deutet alles darauf hin, dass er sich mit einem lange zurückliegenden Fall beschäftigt hat.
Warum interessierte sich Justus Jonas kurz vor seinem Verschwinden für das feurige Auge? Peter und Bob sind fest entschlossen ihren Freund aufzuspüren. Bald besteht keinerlei Zweifel mehr: Die Ereignisse der Vergangenheit haben ihren Schatten auf die Gegenwart geworfen und fordern einmal mehr das gesamte detektivische Können der Juniordetektive aus Rocky Beach. Die drängende Frage: Wo steckt Justus und wer ist für sein Verschwinden verantwortlich? Erste Hinweise deuten erneut nach Indien und auf einige zwielichtige Gestalten, die bereits mehrfach die Wege der drei Fragezeichen gekreuzt haben.
200 Folgen können die wenigsten Hörspielserien vorweisen. Eigentlich ist es mehr als überraschend, dass die drei Fragezeichen überhaupt einen solch runden Geburtstag feiern können, schließlich blickt man auf eine wechselvolle Geschichte zurück, die trotz aller Widrigkeiten wie einer frühzeitigen Einstellung oder Querelen zwischen Verlag und Label immer nur in eine Richtung geführt hat, nämlich nach oben – sodass es sogar seit einigen Jahren in Deutschland möglich ist, mit den drei Freunden aus Rocky Beach die großen Konzerthallen zu füllen.
Logischerweise muss die 200. Folge mit etwas Besonderen aufwarten. Tatsächlich ist dies Europa in allen Belangen gelungen. Da wäre zuerst einmal der Umfang der präsentieren Story, die sich auf üppige vier CDs erstreckt. Natürlich bedeutet Masse nicht immer Klasse, aber auch inhaltlich wird dem Hörer eine packende Geschichte präsentiert, die eine Brücke zwischen den Anfängen und der Gegenwart schlägt und viele Details aufgreift, die diese Serie über die Jahre zu etwas Einzigartigem in der Hörspielwelt heranreifen ließen.
So begegnen wir in diesem fast fünfstündigen Hörspiel einer Menge alter Bekannter, die einen alten Fall der Juniordetektive in einem vollkommen neuen Licht erstrahlen lassen, was so sicherlich nicht zu erwarten gewesen wäre. Langjährige Wegbegleiter wie etwa der Stadtstreicher Rubbish-George legen ebenso einen Gastauftritt hin wie eine ominöse Organisation, die bereits mehrfach die Wege der drei Fragezeichen kreuzte. Alte Gegenspieler wie der undurchsichtige Mr. Randur treten wieder in Erscheinung und ein neuer Feind stellt sich den drei Freunden entgegen, der alle bisherigen mühelos in den Schatten stellt.
Um die Story in vollen Zügen genießen zu können, empfiehlt es sich auf jeden Fall, die Ereignisse aus "…und der Fluch des Rubins" zu kennen, natürlich lässt sich "Feuriges Auge" aber auch problemlos ohne Vorkenntnisse hören. Obwohl die Jubiläumsfolge ganz in der Tradition der Serie steht und wichtige Accessoires wie zum Beispiel die Telefonlawine aufgreift, wählt man jedoch auch bewusst andere Wege, die eine Menge frischen Wind mit sich bringen. Dies beginnt bereits mit der Erzählstruktur, die in der ersten Hälfte Pfade beschreitet, die man so nicht gewohnt ist. Neue Perspektiven werden gewählt, um den Hörern einen Fall näherzubringen.
Bisher war es oft so, dass die Ermittlungen der drei Fragezeichen von Justus dominiert wurden, der ähnlich wie Sherlock Holmes alsbald eigene Theorien zu einem Fall entwickelt, die er jedoch erst zu einem viel späteren Zeitpunkt mit seinen Freunden teilt. Da Justus verschwunden ist, müssen die übrigen Detektive hier ihre Komfortzone verlassen und eigene Wege finden, um ihren Freund aufzuspüren. Eine Idee, die jede Menge Spaß macht und eine deutliche Abwechslung bietet.
Eine alte Geschichte erneut aufzugreifen birgt immer Gefahren: Die neuen Handlungsstränge können nicht an die Qualität der Ursprungsgeschichte anknüpfen oder es kommt zu einer bloßen Wiederholung der bereits bekannten Ereignisse. "Feuriges Auge" umschifft diese Klippen gekonnt, präsentiert eine überzeugende Weitererzählung der zurückliegenden Ermittlungen und liefert eine faszinierende, exotische Storyline, die Hintergründe beleuchtet und Vorkommnisse in der Vergangenheit in einem gänzlich anderen Licht erscheinen lässt. Sein furioses Finale feiert "Feuriges Auge" schließlich im indischen Hochgebirge und schafft es dabei ohne Probleme, die Erwartungen der Hörer zu erfüllen.
Das flaue Gefühl, das einem bei den bisherigen Auslandsaufenthalten beschlich – man denke nur an den unsäglichen Europa-Trip der drei Fragezeichen oder das Abenteuer in der ägyptischen Wüste – verfliegt jedoch so schnell wie es gekommen ist. Mit den genannten Rohrkrepierern im Backkatalog hat diese mit viel Liebe erdachte Geschichte wirklich nichts gemein und schafft es ein bisher unbekanntes Setting gekonnt in den Kontext der Serie einzuflechten. Die musikalische Gestaltung lässt ebenfalls keine Wünsche offen. Alle verwendeten Kompositionen werten die Szenen auf und arbeiten die jeweilige Stimmung noch einmal hervor.
Ein Blick ins Booklet offenbart fast zwei Dutzend Sprecher, die in diesem monumentalen Werk zu hören sind und einen nicht unerheblichen Anteil daran haben, dass die drei Fragezeichen ein würdiges Jubiläum feiern. Da wäre zunächst einmal Till Hagen, der mit seiner Stimme einen Gegenspieler zum Leben erweckt, der einem wirklich ein unwohles Gefühl in der Magengrube beschert. Till Hagen ist wirklich die ideale Besetzung für den skrupellosen Schatzjäger Gabriel White. Jürgen Thormann verkörpert den in die Jahre gekommenen Schauspieler Solomon Charles, tatsächlich erinnern seine Auftritte an einen würdevolle gealterten James Bond. Hier macht es einfach Spaß zuzuhören.
Doch es gibt noch viele weitere großartige Stimmen zu entdecken, wie die von Carlo von Tiedemann, Carla Becker, Michael Lott, Eckart Dux und Hans-Peter Korff. Dazu kommen drei glänzend aufgelegte Akteure in den Hauptrollen, die seit der ersten Folge nie gewechselt haben und mit der gleichen Spielfreude agieren wie vor vielen Jahren zu Beginn dieser ungewöhnlichen Erfolgsgeschichte. Danke für viele wundervolle und spannende Hörspielstunden, die mit "Feuriges Auge" gebührend gefeiert werden.