Der Prototyp des Söldnerfilm-Genres ist jetzt endlich in einer restaurierten Fassung erhältlich. Gleiches gilt auch für den Nachfolger, der ihm jedoch nicht das Wasser reichen kann.
Der Name Thomas Michael Hoare dürfte den wenigsten Zeitgenossen ein Begriff sein. 1920 in Dublin geboren, diente er während des Zweiten Weltkriegs als Fallschirmjäger in der britischen Armee in Südostasien. Nach der Emigration ins südafrikanische Durban verdiente er mit Safaris sein Geld und war Präsident des örtlichen Yachtclubs. Bis jetzt noch nicht sonderlich spektakulär – doch dann engagierte er sich 1960 und 1964 als Kommandant einer Söldnergruppe im Kongo. 1981 beteiligte er sich an einem Putschversuch, der allerdings fehlschlug und ihm nach seiner Rückkehr eine Haftstrafe in Südafrika einbrachte.
Drei Jahre früher hatte er als Berater für die Produktion eines Films fungiert, der ein völlig neues Subgenre begründen sollte: „Die Wildgänse kommen“ ("The Wild Geese"), dessen historischer Name von irischen Söldnern im Dienste ausländischer Armeen herrührt. Andrew V. McLaglen verfilmte den gleichnamigen Roman von Daniel Carney und konnte eine Riege internationaler Topstars gewinnen: Richard Burton gab das filmische Ebenbild von Hoare, neben ihm übernahmen Roger Moore, Richard Harris, Hardy Krüger, Steward Granger und Kenneth Griffith weitere Rollen.
Die Handlung dreht sich um ein von Allen Faulkner (Richard Burton) zusammengestelltes Söldnerteam, das im Auftrag eines britischen Bankiers den gestürzten Präsidenten des fiktiven afrikanischen Staates Zembala, Julius Limbani, aus der Gewalt seiner poltischen Gegner befreien soll. Die Operation verläuft wie am Schnürchen, bis die Truppe kurzfristig geänderten politischen Verhältnissen rund um vielversprechende Kupfervorkommen in Zembala geopfert wird. Ein Kampf ums nackte Überleben der Männer und ihres prominenten Schützlings beginnt…
Zwei Stunden beste Unterhaltung liefert uns Andrew V. McLaglen mit den "Wildgänsen", trotz der dramatischen Story rund um rücksichtslose wirtschaftliche Interessen, einem drohenden Bürgerkrieg und jede Menge Toter auch mit humorvollen, bisweilen zynischen Passagen untersetzt. Das Dilemma Afrikas als Spielwiese der westlichen Mächte ist heute so aktuell wie damals und in den Dialogen zwischen Präsident Limbani (Winston Ntshona) und dem Söldner Peter Coetze (Hardy Krüger) gelungen reflektiert. Auch wenn die damit verwobene humanistische Botschaft gegen Ende des Films zugunsten der actionlastigen Endschlacht in den Hintergrund gerückt wird, ist „Die Wildgänse kommen“ angesichts seiner Epigonen die unerreichte Blaupause des Söldnerfilms.
1985 wagte sich "James Bond"-Regisseur Peter R. Hunt an das Sequel des Erfolgsfilms, schlicht mit "Wildgänse 2" ("Wild Geese II") betitelt. Ursprünglich sollte wieder Richard Burton die Rolle des Allen
Faulkner spielen, nach seinem Tod kurz vor Drehbeginn besetzte man jedoch Edward Fox als seinen Bruder Alex. Thematisch so umstritten wie sein Vorgänger präsentierte sich auch der zweite Teil: Der in Berlin-Spandau inhaftierte ehemalige Hitler-Stellvertreter und NS-Kriegsverbrecher Rudolf Heß soll befreit werden, um seine weltpolitisch brisanten Geheimnisse preisgeben zu können. Dem Auftraggeber dieses waghalsigen Unternehmens, einem amerikanischen Fernsehsender, ist der quotenträchtige Coup ein hübsches Sümmchen wert. Alex Faulkner bringt mit John Hadad den besten Mann für den Job in Position, der sich alsbald nicht nur mit den umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen des Spandauer Gefängnisses, sondern auch mit anderen Besatzungsmächten Berlins herumschlagen muss. Sowohl die Briten als auch die Sowjets haben ein Interesse daran, dass Heß befreit wird – aber zu welchem Nutzen?
Im Vergleich zum Vorgänger stinkt der zweite Flug der "Wildgänse" doch bemerkbar stark ab. Der Plot an sich ist gut, die Story verlagert sich aber sehr stark in Richtung eines Agententhrillers – letztlich Geschmackssache. Scott Glenn, Barbbara Carrera und Laurence Olivier als Rudolf Heß spielen ihre Rollen solide, doch Edward Fox reicht in der Darstellung seines Charakters bei weitem nicht an den souveränen Richard Burton heran. So bleibt ein nichtsdestotrotz spannender Film, der unter einem anderen Titel und mit anderem Etikett versehen vielleicht besser funktioniert hätte.